Medizin |
02.02.2004 00:00 Uhr |
Ein telematisches Modellprojekt der Ersatzkassen soll helfen, die medikamentöse Einstellung von Parkinson-Patienten zu optimieren und die ärztliche Versorgung zu verbessern. Statt stationär sollen die Patienten nun ambulant betreut werden – regelmäßigen Arztbesuch erhalten sie dabei per Videoschaltung.
Die für den Therapieerfolg entscheidende medikamentöse Einstellung wird bei Parkinson-Patienten derzeit überwiegend stationär durchgeführt. 21 Tage lang unterzieht sich der Patient in der Klinik einer Vielzahl von Untersuchungen und Beobachtungen, die nach einem genauen Zeitplan oder auf der Grundlage ärztlicher Anforderung erfolgen. Die genaue Dosierung der Medikation lässt sich jedoch auf Grund der langen Aufdosierungszeiten von bis zu acht Wochen während des stationären Aufenthaltes häufig nicht endgültig ermitteln. Außerdem orientiert sich die stationäre Behandlung meist hauptsächlich an den Anforderungen der Klinik und nicht an den alltäglichen Bedürfnissen des Patienten.
Um die Versorgung der Patienten und ihre Lebensqualität zu verbessern haben die Ersatzkassen nun ein Modellprojekt gestartet, das die Versorgung von stationär auf ambulant umstellen soll. Patienten, die an dem Projekt teilnehmen werden nach einer ein- bis zehntägigen Behandlung im Krankenhaus nach Hause entlassen. Dort werden sie 30 Tage lang täglich zu festgelegten Zeiten telemedizinisch untersucht. Eine im Haushalt des Erkrankten installierte Videokamera hält die Bewegungsübungen sowie Selbsteinschätzungen des Patienten fest. Der Arzt erhält so Auskunft über den momentanen Schweregrad der motorischen Störungen und damit den Wirksamkeit der jeweiligen Medikation. Pro Tag zeichnen die Mediziner mindestens vier Sitzungen auf. Über ein Voicemail-System stehen die Ärzte in telefonischem Kontakt mit den Patienten, Therapieanpassungen werden per Fax übermittelt. Zusätzlich wird die Therapie durch eine Krankengymnastik begleitet. 45 Tage nach der Erstuntersuchung erfolgt eine Abschlussuntersuchung, die ebenfalls per Video dokumentiert wird.
Die ambulante videounterstützte Parkinsontherapie soll den tatsächlichen Grad der Behinderung unter den Anforderungen des Alltags im häuslichen Umfeld bestimmen. Die ärztliche Versorgung von Parkinsonkranken würde dadurch entscheidend verbessert, sagte Dr. Werner Gerdelmann, Vorstandsmitglied des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen und des Arbeiter-Ersatzkassen-Verbandes (VdAK/AEV), bei einer Präsentation des Modellvorhabens in Berlin. Die Ersatzkassen erhofften sich eine gezieltere Diagnostik sowie eine bedarfsgerechtere Behandlung der Erkrankung. Darüber hinaus soll das von ihnen geförderte Modellvorhaben auch Kosten einsparen, indem lange Liegezeiten in den Krankenhäusern vermieden werden. Das Projekt sei ein erster Meilenstein für die dringend notwendige sektorenübergreifende medizinische Versorgung, betonte Gerdelmann.
Bislang nehmen fünf Kliniken an dem Modellprojekt der Ersatzkassen teil. Bis
zum Jahresende sollen 100 Patienten telematisch behandelt werden. Ein
wissenschaftlicher Vergleich mit einer ebenfalls 100 Patienten umfassenden
Kontrollgruppe, die in herkömmlicher Weise vollstationär behandelt wird, soll
den Erfolg des neuen Verfahrens ermitteln.
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