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NO-Forschung: Strom neuer Erkenntnisse

27.01.1997  00:00 Uhr

- Medizin

  Govi-Verlag

NO-Forschung: Strom neuer Erkenntnisse

  Mit NO-Donatoren stehen der Medizin seit über 100 Jahren wichtige Pharmaka für die Kardiologie zur Verfügung, auf die auch heute nicht verzichtet werden kann. Und sie scheinen immer wichtiger zu werden, wie bei einem von Pohl-Boskamp initiierten Internationalen Expertentreffen in Hamburg deutlich wurde. Ursache hierfür ist die Entdeckung des Stickstoffmonoxids (NO). Rund 15000 wissenschaftliche Arbeiten zur physiologischen und pathophysiologischen Rolle dieses Transmitters sind in den letzten Jahren publiziert worden.

Stickoxid wird in zahlreichen Körpergeweben und vielen Zelltypen gebildet. In den Blutgefäßen sind dies vor allem das Endothel und die Blutplättchen. Professor Dr. Salvador Moncada, London, der in den 80er Jahren die funktionelle Identität des hypothetischen endothelium-derived releasing factors (EDRF) mit Stickoxid entdeckte, erläuterte weitere physiologische Erkenntnisse:

Alle NO-bildenden Zellen besitzen eine NO-Synthetase (NOS). Das Enzym spaltet aus den terminalen Guanidin-Stickstoffatomen von L-Arginin NO ab, übrig bleibt L-Citrullin. Im Gefäßlumen bewirkt die abluminale Freisetzung von NO eine Vasodilatation und damit die meisten bekannten therapeutischen Effekte von NO-Donatoren bei Angina pectoris, chronischer Herzinsuffizienz oder Herzinfarkttherapie.

Wird die NO-Synthese gehemmt, kommt es unmittelbar zu einer Vasokonstriktion und zu einem sofortigen Blutdruckanstieg. Bekannt ist auch, daß NO vom Endothel kontinuierlich gebildet wird. Dies bedeutet, so Moncada, daß das L-Arginin-NO-System Grundlage eines fein geregelten Vasodilatator-Tonus im Gefäßsystem ist. Anders als Skelettmuskulatur, die basal einen Kontraktions-Haltetonus aufweist, werden Gefäße also physiologisch durch NO entspannt.

Die pathophysiologischen Konsequenzen sind mannigfaltig: Die Ursache eines arteriellen Hypertonus könnte durch zu geringe Gefäßrelaxation bei NO-Mangel, die Verengung arteriosklerotisch geschädigter Gefäße durch Beeinträchtigung der NO-Aktivität bedingt sein. Tatsächlich weisen zahlreiche Untersuchungen der letzten Jahre auf diese Möglichkeiten hin.

Wann ist Sport für Herzkreislauf-Patienten gut?

Nach Untersuchungen von Professor Dr. Jürgen Frölich, Hannover, gibt es zahlreiche endogene und exogene Einflüsse, die die endotheliale NO-Synthese stimulieren können. Als wichtigsten physiologischen Faktor identifizierte Frölich die Scherkräfte des Blutes, die bei körperlicher Anstrengung zunehmen. So führt körperliche Belastung dosisabhängig zu einer verstärkten Ausscheidung von NO-Metaboliten mit dem Urin. Damit gibt es eine Erklärung für die Frage, warum körperliches Training bei arteriosklerotischen Patienten vorteilhafte Auswirkungen hat: Die gesteigerte NO-Synthese bei Sport hebt atherogene Einflüsse auf die Gefäße auf oder kehrt sie sogar um.

Nitrat-Toleranz vermeidbar

Auch im klinischen Bereich der NO-Forschung hat sich Neues ergeben. Am bedeutendsten für den klinischen Alltag ist, daß sich durch Hochdosis-Einmalapplikation von NO-Donatoren die früher gefürchtete Nitrat-Toleranz sicher vermeiden läßt, ohne dabei therapeutische Wirksamkeit zu verlieren. Auch asymmetrische Einnahmeschemata haben diesen Effekt. Entscheidend ist in jedem Fall eine Dosierung, die nitratfreie Intervalle vorsieht (was bereits um die Jahrhundertwende vorgeschlagen wurde). Nitratpflaster mit kontinuierlicher Nitratabgabe seien deswegen unvorteilhaft, hieß es in Hamburg, selbst wenn neue Studien zeigen, daß eine kombinierte Nitrat-Hydralazin-Einnahme eine Toleranz sogar rückgängig machen kann. Die Ursachen der Nitrat-Toleranz sind weiterhin unklar.

Mittlerweile ist klar, daß die verschiedenen NO-Donatoren unterschiedlich stark vasodilatativ und antithrombotisch wirken. Herkömmliche Substanzen wie Glyceroltrinitrat, ISDN, ISMN, Nitroprussid oder Molsidomin haben erst bei hohen Dosen ausgeprägte Effekte auf die Plättchenaggregation. Sie wirken also erst antithrombotisch, wenn bereits eine signifikante Blutdrucksenkung aufgrund der Vasodilatation eingetreten ist. Dies ist jedoch nicht erwünscht, wenn beispielsweise während einer Ballondilatation die Thrombozytenaggregation vollständig gehemmt werden soll; auch nicht bei bestimmten thrombotischen Syndromen. Hier deutet sich an, so berichtete Moncada, daß mit neuen NO-Donatoren aus seiner Arbeitsgruppe eine vollständige Thrombozytenaggregationshemmnung möglich sein wird, ohne den Blutdruck zu verändern.

Bei dem Expertensymposium wurde deutlich, daß bei der Auswahl der "goldenen drei Medikamente für die Insel" auf jeden Fall ASS und ein NO-Donator gehören, zumal Nitrate auch bei vielen anderen Indikationen (Koliken, hypertensive Krise, erektile Dysfunktion, Asthma, Hörsturz et cetera) verwendet werden.

PZ-Artikel von Rainer H. Bubenzer, Hamburg
       

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