Medizin
Vogelhaltung erhöht Krebsrisiko
nicht
Vogelfreunde können aufatmen:
Zwei große wissenschaftliche Studien konnten jetzt
nachweisen, daß der häusliche Dauerkontakt mit Vögeln
das Lungenkrebsrisiko nicht wie bisher angenommen
drastisch erhöht. Die neuen in Schweden und dem
US-Bundesstaat Missouri gewonnenen Ergebnisse stehen
damit im krassen Gegensatz zu drei früher
durchgeführten Untersuchungen.
Erstmalig hatte eine holländische Arbeitsgruppe
1988 herausgefunden, daß der Kontakt zu gefiederten
Haustieren das Lungenkrebsrisiko nahezu versiebenfacht.
Eine britische Studie konnte dies zwar nicht bestätigen
- sie fand aber zumindest bei Taubenhaltern ein deutlich
erhöhtes Lungenkrebsrisiko. Schließlich kam eine
deutsche Forschergruppe 1992 zu dem Schluß, daß in
West-Berlin lebende Vogelfreunde ein doppelt so hohes
Lungenkrebsrisiko haben wie die Mitglieder einer
Vergleichsgruppe, die keine Vögel hielten.
Lebensweise und Umwelt ebenfalls berücksichtigen
Dr. Cecilia Modigh von der Universität
Göteborg, versuchte, die verwirrenden Unterschiede in
der im Fachblatt British Medical Journal
veröffentlichten schwedischen Studie zu erklären. Die
Umweltmedizinerin vermutet, daß die in den früheren
Studien gefundene Erhöhung des Krebsrisikos nicht
ursächlich mit der Vogelhaltung zusammenhing, sondern
vielmehr die Tatsache widerspiegelte, daß viele
Vogelfreunde eher niedrigen sozialen Schichten
angehören.
Ein niedriger sozioökonomischer Status zieht oft eine
erhöhte Exposition gegenüber verschiedenen
krebserzeugenden Substanzen nach sich: Mehr
Zigarettenrauch, Kontakt mit Carcinogenen am Arbeitsplatz
und fettreiche Ernährung, die arm an frischem Gemüse
und Obst ist, dies alles regt das Wachstum bösartiger
Tumoren an.
Es könne außerdem vermutet werden, so Modigh, daß die
in den früheren Studien untersuchten Deutschen,
Engländer und Niederländer insgesamt ein höheres
Krebsrisiko hatten als die in eher ländlicher Umgebung
lebenden Schweden und Einwohner Missouris. Ein weiterer
Punkt könnte wichtig sein: In Schweden und Missouri
wurden kaum Tauben gehalten. Es ist daher denkbar, daß
von den Tauben ein besonderes Risiko ausgeht, das bisher
in seiner Tragweite noch nicht völlig aufgeklärt werden
konnte.
PZ-Artikel von Jochen Kubitschek, Waddeweitz
© 1996 GOVI-Verlag
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