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HIV und H. pylori: Impfansätze vorhanden

09.12.1996  00:00 Uhr

- Medizin

  Govi-Verlag

HIV und H. pylori: Impfansätze vorhanden

  Infektionskrankheiten nehmen weltweit zu. Die adäquate Antwort darauf wäre eine Prävention in Form von Impfungen. Wie schwierig die Impfstoffentwicklung jedoch sein kann und welche strategischen Überlegungen dabei einfliessen müssen, soll am Beispiel von zwei Erregern gezeigt werden, die in den letzten Jahren viel von sich reden gemacht haben: HIV und Helicobacter pylori.

Eine der größten Herausforderungen für die Wissenschaftler dürfte derzeit die Entwicklung eines Impfstoffes gegen das AIDS-Virus sein. Einige Impfstoffkanditaten hat es bereits gegeben, darunter gentechnisch entschärfte oder chemisch inaktivierte HI-Viren, ein Pockenimpfstoff, der Teile des HIV-Genoms enthält sowie gentechnisch hergestellte HIV-Hüllproteine oder synthetische Peptide. Alle klinischen Versuche waren aber bislang nicht von Erfolg gekrönt, teilweise begünstigten sie sogar eine HIV-Infektion.

Zur Zeit wird wieder ein HIV-Impfstoff an Menschen getestet, Freiwillige sind Familienangehörige von HIV-Infizierten in China. Entwickelt wurde der Impfstoff am Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg. Wie Ralf Wagner, Leiter der Arbeitsgruppe HIV-Impfstoffentwicklung, berichtete, handelt es sich dabei um Partikel, die von einem bestimmten Genabschnitt des HI-Virus kodiert werden. Der Genabschnitt wird in Insekten- oder Säugetierzellen integriert, die die Partikel dann in großen Mengen produzieren. In Lösung aggregieren sie von selbst zu Strukturen, die unreifen HI-Virionen ähneln und von den T-Zellen gut erkannt werden. Um das Trägersystem noch komplexer zu machen, wurde es zusätzlich mit Teilen von HIV-Oberflächenproteinen ergänzt.

Hinter der aufwendigen Entwicklung steckt der Gedanke, dem Immunsystem möglichst viele Erkennungsregionen des HI-Virus anzubieten, um die Wahrscheinlichkeit, daß sich der Erreger durch Mutationen dem Zugriff des Immunsystems entziehen kann, zu reduzieren. Gleichzeitig sollte es sich um keinen Lebendimpfstoff handeln, da der möglicherweise eine Infektion auslösen könnte.

Versuche an Rhesusaffen hatten gezeigt, daß der neue HIV-Impfstoff beide Arme des Immunsystems aktiviert: Es werden sowohl Antikörper gebildet, die das Virus erkennen, komplexieren und den Makrophagen anbieten, als auch Killerzellen aktiviert. Dieses Kunststück bringt sonst nur ein Lebendimpfstoff zustande. Mit ersten Ergebnissen von der Impfkampagne in China wird in etwa zwei Jahren gerechnet.

H.-pylori-Vakzine zielt auf Virulenzfaktoren

Ganz andere Wege werden bei der Impfstoffentwicklung gegen Helicobacter (H.) pylori beschritten. Hier richtet sich der Impfstoff nicht gegen den Erreger direkt, sondern gegen die von ihm gebildeten Virulenzfaktoren, die ihm das Überleben im sauren Magenmilieu ermöglichen. Experimente mit Mäusen haben bisher gezeigt: Eine Helicobacter-Infektion läßt sich verhindern und eine bestehende sogar eradizieren, wenn man dem Immunsystem einen Virulenzfaktor zusammen mit einem Adjuvans anbietet.

Besonders die Keim-Eradikation durch Impfung war eine Überraschung. Wie Professor Dr. Norbert Lehn, Regensburg, berichtete, hatte man ihr anfangs gar keine Erfolgsaussichten eingeräumt, da das Immunsystem ohnehin sein ganzes Repertoire auffährt, wenn der Keim im Magen heimisch wird: IgG und IgA werden gebildet sowie Lymphozyten und Granulozyten aktiviert. Trotzdem funktionierte die therapeutische Impfung im Tierexperiment.

Zu einem der wichtigsten Virulenzfaktoren, der mittlerweile in einer klinischen Phase-I-Studie auf seine Verträglichkeit getestet wurde, zählt die Urease. Sie wurde von den Probanden gut vertragen. Welcher Virulenzfaktor als Impfstoff jedoch das Rennen machen wird, ist noch völlig unklar. Letztendlich ist noch nicht bekannt, ob tatsächlich die Urease für die Infektion oder die Entwicklung eines Magenulkus verantwortlich ist. Mögliche Kandidaten sind noch die von Helicobacter gebildeten Zytotoxine oder auch die Adhäsine, mit denen sich der Keim am Epithel festsetzt.

Die Adjuvantien dienen dazu, das Antigen dem Immunsystem so anzubieten, damit es verstärkt darauf reagiert. In Frage kommen gentechnisch abgeschwächtes Choleratoxin oder das LT-Protein. Beides wurde aber bisher an Menschen noch nicht getestet.

Die Helicobacter-Impfung steckt derzeit zwar noch völlig in den Kinderschuhen, wenn sie sich aber auch am Menschen durchführen ließe, wäre dies eine interessante Ergänzung oder sogar Alternative zur Keim-Eradikation mittels Triplettherapie. Denn wie andere Bakterien, beherrscht auch H. pylori den Trick der Resistenzbildung. Vor allem die Antibiotikaresistenz gegen Metronidazol nimmt zu. Die Resistenzrate in Deutschland liegt derzeit zwischen 10 und 20 Prozent und kann nach erfolgloser Erst-Eradikation auf etwa 50 Prozent steigen. Aus Hongkong wird bereits eine Resistenzquote von 80 Prozent gemeldet.

PZ-Artikel von Anita Schweiger, Regensburg        

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