Was kranke Nägel verraten |
25.11.2002 00:00 Uhr |
von Brigitte M. Gensthaler, München
Hände und Fingernägel sind die Visitenkarte eines Menschen. Zumindest im Sommer gilt dies auch für die Füße. Sichtbare Veränderungen der Nägel sind daher nicht nur unschön, sondern können den Patienten beeinträchtigen und belasten.
Ein gesunder Nagel wächst etwa 100 mm pro Tag oder 3 mm pro Monat; tagsüber, an der rechten Hand und während der Schwangerschaft wachsen die Nägel meistens stärker. Störungen des Nagelwachstums, so genannte Onychodystrophien, treten angeboren oder erworben auf und können äußerst vielfältig aussehen. Gekrümmte, verfärbte, verdickte, splitternde, brüchige oder spröde Nägel deuten oft auf systemische Krankheiten hin, erklärte Dr. Tilmann Oppel von der Dermatologischen Klinik der Universität München während einer Pressekonferenz der Trommsdorff Arzneimittel.
So weisen Uhrglasnägel - in Längsrichtung übermäßig gekrümmte Nägel - auf Herz-Lungenkrankheiten, zum Beispiel eine Rechtsherzinsuffizienz, hin oder Nägel ohne „Möndchen“ (Lunulae) auf eine Leberzirrhose. Etwa die Hälfte der Menschen mit Skleronychie, einer Verdickung der Nagelplatte, leidet an Atemwegserkrankungen, berichtete der Arzt. Längs- oder querfasrig gesplitterte Nägel kommen bei Ekzemen vor; periunguale, also nahe beim Nagel gelegene Ekzeme, können auf eine Neurodermitis hindeuten.
Schuppenflechte ist die Hauterkrankung, bei der am häufigsten die Nägel befallen sind. Typisch sind Grübchen oder Tüpfel in der Nagelplatte. 30 bis 40 Prozent der Onychodystrophien gehen auf das Konto von Pilzen.
Querfurchen im Nagel entstehen durch ein zeitweise verzögertes Wachstum. Sind alle Nägel betroffen, können Vergiftungen oder Infektionen zu Grunde liegen; Furchen in einzelnen Nägeln können zum Beispiel eine Folge von Kälteschäden sein. Die Reihe weiterer möglicher Ursachen ist lang: Herpes-Infektionen, Warzen, bakterielle Infekte, benigne und maligne Tumoren. Zytostatika und antineoplastische Arzneimittel wirken möglicherweise toxisch am Nagelbett; nach Einnahme von Doxycyclin wurde über Photoonycholyse berichtet, sagte Oppel.
Dystrophien und Perlrillen
Ernährungsfehler und Vitaminmangel spielen in Industrieländern bei Nageldystrophien keine Rolle, erklärte Professor Dr. Hans Korting von der Münchner Dermatologischen Uniklinik. Zugleich räumte er mit der weit verbreiteten Ansicht auf, dass weiße Flecken in den Nägeln einen Calciummangel anzeigen würden. So genannte Perlrillen in Längsrichtung sind typisch für alte Menschen und nicht krankhaft.
Ein Drittel der Nagelstörungen geht nach Erfahrung von Privatdozent Dr. Gerhard A. Lutz, Hair & Nail, Bonn, auf das Konto falscher Schuhe. Zu starr, zu eng, zu kurz, zu spitz, zu hoch, zu flach: Es gibt viele Möglichkeiten, Zehen und Nägel permanent unter Druck zu setzen. Außerdem begünstigen Fuß- und Zehenfehlstellungen Mykosen.
Bei Nagelmykosen rät Lutz zunächst zu einem Nagelverband mit
40-prozentiger Harnstoffsalbe über fünf bis sieben Tage; die gesunde Haut
rund um den Nagel wird mit Zinkpaste abgedeckt. Nach Abtragen des befallenen
Nagels kommen je nach Befall Antimykotika lokal oder systemisch zum Einsatz.
Eine Alternative könne künftig eine arzneistofffreie Gelfolie bieten (Zalain®
Nagelpflaster), die vermutlich über eine Okklusion wirkt, sagte Lutz. In
einer kleinen Studie mit 23 Patienten mit einer Onychomykose, die weniger
als 40 Prozent der Nagelplatte befallen hatte, waren bei der Hälfte der
Patienten nach 24-wöchiger Anwendung des Pflasters keine Pilze mehr
nachweisbar. Das transparente Pflaster, das als Medizinprodukt eingestuft
wird, soll Anfang 2003 auf den Markt kommen.
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