Wenn der Valentin mit der Valentine... |
10.02.2003 00:00 Uhr |
Am 14. Februar ist es wieder so weit: Die Verkaufszahlen von roten Rosen, kitschigen Grußkarten und grinsenden Plüschtieren steigen gigantisch in die Höhe. Wer nichts davon abbekommt, kann immer noch sagen: „Ist ja eh nur ein amerikanischer Brauch.“ Doch weit gefehlt.
Eigentlich gibt es den Valentinstag gar nicht, kirchlich gesehen. Zumindest seit der Reform des römischen Generalkalenders (1970) und der anschließenden Reform des Regionalkalenders für das deutsche Sprachgebiet (1972) gibt es keinen Heiligen namens Valentin mehr, und auf diesen geht der 14. Februar als Feiertag zurück.
Existenz und Todestag des Märtyrers Valentin wurden nie ganz geklärt. Er war entweder ein römischer Priester, Mönch, der Bischof von Terni, vielleicht aber auch alles gleichzeitig und soll am 14. Februar 269 hingerichtet worden sein.
Auf jeden Fall schreibt man Valentin ein großes Wohlwollen für Liebende zu. Er traute trotz eines Verbotes des Kaisers Claudius II. Goticus (268 bis 270) heimlich Liebespaare nach christlichem Zeremoniell und half in Partnerschaftskrisen. Menschen, die Hilfe und Trost suchten, schenkte er eine Blume aus seinem Garten, den Liebespaaren bunte Blumensträuße.
Valentin wurde des Hochverrats angeklagt und gelangte in die Obhut eines Vertrauten des Kaisers. Der Legende nach soll er dessen blinde Tochter geheilt haben, indem er dem Mädchen eine Botschaft schrieb. Als das Mädchen den Brief öffnete, fand sie darin eine Krokusblüte, deren Farben sie erkennen konnte. Als sich daraufhin das ganze Haus taufen ließ, wurde Valentin enthauptet. Den wahren Ausschlag für sein Märtyrium soll jedoch gegeben haben, dass er vor dem Kaiser die Anbetung eines Standbildes verweigerte.
Dass es heute den heiligen Valentin im kirchlichen Kalender nicht mehr gibt, ist paradox. Schließlich wurde im Mittelalter die Geschichte Valentins von der Kirche extra aus der Schublade gezogen, als es hieß, einen heidnischen Brauch in einen kirchlichen umzuwandeln. Bei den alten Römern wurde nämlich am 14. Februar ein Fest zu Ehren der römischen Göttin Juno, Gattin des Jupiter und Mutter des Kriegsgottes Mars, gefeiert. Juno, Beschützerin von Ehe und Familie, wurden an diesem Tag aufwendige Blumengebinde geopfert. Angeblich half sie als Liebesorakel den Frauen bei der Partnerwahl. Einen Tag später, beim Lupercalia-Fest, wurden junge Paare per Liebeslotterie für ein Jahr verbandelt. Wer, wenn nicht der heilige Valentin, konnte Juno würdiger vertreten?
Brauchtum
Dass sich die Valentinsbräuche wirklich vom heiligen Valentin ableiteten, ist nicht gesichert, spielt aber auch keine große Rolle. Auf jeden Fall hat der „Tag der Verliebten“ die verschiedensten Bräuche hervorgebracht. So wurde das Auslosen von Paaren in Nordfrankreich, Belgien und England fortgeführt. Hier galten per Losentscheid Valentin und seine Valentine für ein Jahr als verlobt. Am Vorabend wurden verschiedene Hochzeitsorakel vorgenommen: So werde ein Mädchen den heiraten, den es am Valentinstag als ersten Mann erblickt. Heiratswillige Männer überbringen deshalb möglichst früh am Morgen einen Blumenstrauß.
Vielen gilt der Herzog von Orleans als Begründer der "Valentines". Er soll, als er 1415 im Londoner Tower als Gefangener saß, seiner Gattin zahlreiche Liebesbriefe geschickt haben, leider nicht nur am 14. Februar. Die Mode, die Karten am Valentinstag zusammen mit Blumen zu verschicken, sollen allerdings der Schriftsteller Samuel Pepys und seine Frau geschaffen haben. Als er am 14. Februar 1667 seiner Gattin auf hellblauem Papier mit goldenen Initialen einen Liebesbrief schrieb, schickte sie ihm voller Begeisterung einen Blumenstrauß. Seitdem wurden Brief und Blumen in der noblen britischen Gesellschaft nachgeahmt. Bis heute schickt man sich in England - jedenfalls am Valentinstag - anonyme Liebesbriefe (Valentine Greetings, meist mit vierzeiligen Liebesgedichten) und andere Liebeszeichen.
Mit der Auswanderung der Engländer nach Amerika wurde dieser Brauch in die Neue Welt gebracht und dort – wie so vieles - überdimensioniert. Vom englischen "Tag der Liebenden" mutierte der Brauch zu einem "Tag der Freundschaft und der familiären Beziehungen", was den Aktionskreis erheblich erweiterte. Allein in den USA werden zu diesem Anlass mehr als eine Milliarde Grußkarten versandt.
In Deutschland verbreitete sich der Brauch der Blumengeschenke erst nach dem 2. Weltkrieg durch den Einfluss der USA, vor allem auch durch die Soldaten. 1950 erklärten die Blumenhändler den Valentinstag zum "Tag der offenen Herzen". Im gleichen Jahr veranstaltete man in Nürnberg den ersten "Valentinsball"; der Valentinstag wurde infolgedessen offiziell eingeführt.
Die Japaner drehen den Spieß um: Hier beschenken am Valentinstag nur Frauen ihre Männer, Kollegen und Chefs, zum Beispiel mit Süßigkeiten. Dafür dürfen die Japanerinnen am "White Day" Mitte März Geschenke erwarten.
Zahnweh, Gicht und „Valentins-Plage“
Der heilige Valentin galt als Schutzpatron der Bienenzüchter und Helfer gegen Ohnmacht. Auch bei der „Valentins-Plage“, der Fallsucht, soll er helfen können (Valentin = fall nit hin). In Kiedrich im Rheingau berührte man mit Zweigen von auf dem Kirchhof wachsenden Eiben die Statue des Heiligen und kochte dann Tee gegen die Fallsucht daraus.
In Meran half das Verschlucken von Holzstückchen vom Altar des Heiligen gegen Zahnschmerzen. Gichtkranken Kindern setzte man in Würzburg Valentinsreliquien auf den Kopf. Auch bei Gebärmutterleiden wurde der Heilige angerufen: Man opferte ihm wächserne Kröten, Symbole für die Gebärmutter. Das Beifußkraut (Herba S. Valentini) wurde dem heiligen Valentin geweiht.
Der Valentinstag als Unglückstag
Im Mittelalter galt der 14. Februar auch als Unglückstag, da dies angeblich der Geburtstag von Judas Ischariot, dem Verräter Jesu sein soll. Alles, was an diesem Tage geboren wurde, sollte kein Glück haben und früh sterben. Donnerte es an diesem Tag, starben angeblich viele Menschen, vor allem die Reichen.
Auch für das Vieh war der so genannte Velten-Tag ein Unglückstag. Das Vieh durfte an diesem Tag nicht arbeiten, denn Tiere, die an diesem Tag fallen, stehen nicht mehr auf. Kälber, die am 14. Februar geboren waren, wurden nicht zur Zucht eingesetzt. Bruthennen durfte man nicht auf die Eier setzen, die sonst faulten oder nur blinde, lahme und nicht lebensfähige Küken einbrachten. Im Schweizer Amden hat der Valentinstag sogar einer Dämonengestalt, dem "Väledi", den Namen gegeben.
Aberglaube oder nicht, der Brauch des Blumen Verschenkens ist bestimmt kein schlechter - nicht nur am 14. Februar.
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