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Licht und Schatten

10.11.2003  00:00 Uhr

Licht und Schatten

Auch wenn die Bundespolitik um die Apotheken einen weiten Bogen machte, gab es für die Apotheker in der vergangenen Woche Ereignisse mit Licht und Schatten: Dienstag schlossen Deutscher Apothekerverband (DAV) und Barmer Ersatzkasse (BEK) den ersten bundesweiten Vertrag zur Hausapotheke. Zwei Tage später pöbelte das Hamburger Magazin Stern auf zehn Seiten gegen Apotheker.

Dabei stellt der Vertragsabschluss mit der BEK ohne Zweifel das wichtigere Ereignis dar (siehe Seite 8). Der Vertrag regelt dezidiert, welche Leistungen die Apotheker für die bei ihnen eingeschriebenen Barmer-Versicherten anbieten müssen. Erstmals ist dabei eine Vergütung für Dienstleistungen vorgesehen, die nicht an die Abgabe von Arzneimitteln gekoppelt ist. Nach der Entkoppelung von Arzneimittelpreis und Apothekenaufschlag in der neuen Arzneimittelpreisverordnung ist dies ein weiterer Schritt, der es den Apothekern erleichtert, ihre Patienten unabhängig zu beraten.

Dennoch ist der Vertrag in der Apothekerschaft nicht unumstritten. Denn er gilt nicht automatisch für alle Verbandsmitglieder. Sie müssen sich über verschiedene Vorleistungen als Barmer Service Apotheke qualifizieren. Jeder, der diese Leistungen erbringt, wird aber zugelassen. Manche Apotheker befürchten, sie könnten die Voraussetzungen nicht erfüllen. Diese Sorge dürfte jedoch in den meisten Fällen unbegründet sein.

Und was wäre die Alternative gewesen? Apothekenverbünde wie der MVDA oder Virtuelle Apotheke standen bereits in Verhandlung mit der Barmer. Wenn sie mit der Kasse handelseinig werden, der DAV sich aber geweigert hätte, dann hätten die meisten Apotheken in die Röhre geschaut. Ein Vertrag für alle, mit einer moderaten Zugangshürde, ist da allemal die bessere Lösung.

Mit dem Konzept der Hausapotheke ist es den Verbänden gelungen, die Apotheke als Vertragspartner für die Kassen interessant zu machen. Auch wenn die Anforderungen steigen, so bietet das Hausapothekenmodell eine Perspektive für eine Zukunft als Heilberufler.

Quertreiber gibt es freilich fast immer, und einer neigt dazu, ständig quer zu schießen: Dietmar Frensemeyer will auch gegen den Barmer-Vertrag gerichtlich vorgehen.

Frensemeyer ist auch der Übergang zu einem weniger erfreulicheren Thema. Der Acherner Apotheker brüstet sich im Apothekenforum, ein langes Gespräch mit dem Stern-Redakteur Jürgen Steinhoff geführt zu haben. Steinhoff fällt in der Ausgabe vom 6. November mit einer zehnseitige Hasstirade gegen Apotheker auf (siehe Seite 9). Mit schlichter Polemik lässt er sich über die überbezahlten Schubladenzieher aus. Die Geschichte vom raffgierigen und inkompetenten Apotheker ist ganz offensichtlich eine Retourkutsche für den Rücktritt des Bundespräsidenten Johannes Rau als Schirmherr des Deutschen Gründerpreises. Rau hatte es dem Stern verübelt, ein niederländisches Unternehmen auszuzeichnen, das gegen deutsche Gesetze verstößt.

Eine weitergehende Beschäftigung mit dem Stern-Beitrag erscheint mir wenig sinnvoll. Die richtige Antwort haben die Apotheker bereits mit dem Barmer-Vertrag gegeben. Unvoreingenommenen Zeitgenossen verdeutlicht diese Vereinbarung, dass Schubladenziehen für Apotheker dieselbe Bedeutung hat, wie für Journalisten das Anschalten des Computers: Ohne geht es nicht, doch die Qualität der Arbeit definiert sich über andere Parameter.

Daniel Rücker
Stellvertretender Chefredakteur
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