Vertriebsausschluss |
01.11.1999 00:00 Uhr |
Die 10. Novelle zum Arzneimittelgesetz steht kurz vor der endgültigen Verabschiedung. Mit ihr soll unter anderem die noch von Seehofer eingebrachte und von der Industrie begrüßte, allerdings von vielen Experten im Gesundheitswesen als fauler Kompromiss bezeichnete 2004-Regelung wieder abgeschafft werden.
Die Initiative dazu ging übrigens nicht von der rot-grünen Koalition aus. Die Annulierung der Möglichkeit, fiktiv zugelassene Arzneimittel noch fünf Jahre am Markt zu halten und mit ihnen Geld verdienen zu können, obwohl kein Nachzulassungsantrag gestellt wurde, ist europäischer Harmonisierungswille.
Dass die Industrie nicht Hurra geschrien hat, ist allzu verständlich. Trotzdem darf man noch einmal daran erinnern, dass die Verpflichtung zur Nachzulassung von Altarzneimitteln im 1976 verabschiedeten Arzneimittelgesetz steht. Jeder Hersteller hatte also bis heute 23 Jahre Zeit, die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit seiner Produkte zu belegen. Dies sollte eigentlich genügen, zumal der Nachweis nicht unbedingt mittels doppelblinder klinischer Vergleichsstudien erbracht werden musste. Aussagekräftige Anwendungsstudien hätten auch ausgereicht.
Deshalb müssen sich die Firmen, die immer noch keine Nachzulassung beantragt haben, schon vorwerfen lassen: Wer bis heute die Wirksamkeit seiner Produkte, die über 20 Jahre im Markt sind und mit denen Geld verdient wurde, nicht hinreichend belegen kann und vielleicht noch immer auf juristische Tricks hofft, länger am Markt bleiben zu können, der hat seine Marktberechtigung vertan.
Eine weitere Marktbeteiligung solcher Produkte wäre auch gegenüber den Firmen - vor allem den mittelständischen Phytopharmaka-Herstellern ungerecht. Diese haben viel Geld investiert, um die wissenschaftliche Basis für ihre Altprodukte zu erarbeiten. Knoblauch- und Johanniskrautpräparate sind nur zwei Beispiele dafür.
Vor diesem Hintergrund ist mir vollkommen unverständlich, dass die lautstärksten Gegner der 10. AMG-Novelle der Bundesfachverband Deutscher Reformhäuser, der Bundesverband des Deutschen Einzelhandels und der Verband Deutscher Drogisten sind. Sie befürchten Umsatzeinbrüche, weil der Anteil freiverkäuflicher Arzneimittel, die ja auch in Reformhäusern und Drogerien verkauft werden können, deutlich schrumpfen würde. Man möchte auf diese Produkte nicht verzichten und fordert deshalb die Bundesregierung auf, freiverkäufliche Produkte bei der vorgesehenen Änderung der Zulassungsvorschriften auszuklammern.
Diese Verbände verkennen offensichtlich, dass die Kompensation für die 2004-Produkte bereits durch den Paragraphen 109 a mit den sogenannten traditionellen Arzneimitteln geliefert wurde.
Eigentlich sollte jeder Verantwortliche im Gesundheitswesen daran interessiert sein, dass die Qualität im Vordergrund stehen muss. Dazu gehören Arzneimittel, die ihre Wirksamkeit belegt haben. Nur mit solchen Produkten lässt sich unter anderem eine rationale Phytotherapie durchführen.
Sollten Reformhäuser, Drogerien und Lebensmittelmärkte kein Interesse daran haben,
wie aus der Stellungnahme zur 10. AMG-Novelle zu entnehmen ist, sollte man sie von dem
Vertrieb von Arzneimitteln ausschließen.
© 1999 GOVI-Verlag
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