Editorial
Zukunft gestalten
Der diesjährige Deutsche Apothekertag
fällt einmal mehr in eine Zeit, in der in Bonn intensiv
über die künftige Ausgestaltung des Gesundheitswesens
debattiert wird. Anders als bei vergangenen Reformen
können wir Apotheker den nun laufenden politischen
Verhandlungen mit einiger Gelassenheit entgegensehen.
Durch konsequente und beharrliche Arbeit ist es uns
gelungen, Politiker aus allen Fraktionen von der
Unverzichtbarkeit der Apotheker und der Apotheke zu
überzeugen.
Es ist Ausfluß dieser politischen Arbeit der ABDA, daß
sich in keinem Entwurf zur Reform, sei er von den
Koalitionsfraktionen oder der Opposition, die
Vorstellungen wiederfinden, die die Krankenkassen mit der
Penetranz einer tibetanischen Gebetsmühle immer wieder
vorgetragen haben. Für die Apotheker in Deutschland muß
feststehen: Auch nach der dritten Stufe der Reform wird
es weder Versandhandel, noch Kettenapotheken oder
ärztliches Dispensierrecht geben.
Dagegen sind wir mit der Umsetzung unseres ABDA-Konzeptes
"Verbesserung der Arzneimittelversorgung - Mehr
Verantwortung für die Apotheker" ein erhebliches
Stück weitergekommen. Mehr als 100
Arzt-Apotheker-Gesprächskreise sind bereits gegründet,
der Feldversuch mit der A-Card, die die Voraussetzungen
für eine verbesserte Kommunikation zwischen Arzt,
Patient und Apotheker schafft, läuft gut, und
Pharmaceutical Care ist nicht mehr nur eine bloße
Utopie. Wir haben die Politik und die Ärzteschaft davon
überzeugen können, daß es viele Vorteile hat, wenn
Apothekerinnen und Apotheker mehr Verantwortung
übernehmen, wenn sie sich als unabhängige Berater ihrer
Kunden und ihrer Ärzte noch stärker profilieren. Dafür
müssen natürlich auch Modifikationen der
Arzneimittelpreisverordnung in der Art geschehen, daß
wir tatsächlich unabhängig beraten können.
Dabei stehen wir ohne Wenn und Aber zum Grundsatz der
Arzneimittelpreisverordnung. Wir brauchen aber die
festbetragsgruppenspezifischen Festzuschläge und die
Drehung. Auch hier sind wir auf einem guten Weg, auf dem
uns übrigens Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer
wie in München zugesagt aktiv begleitet. Er hat
wiederholt versichert, daß es keine Änderung gegen uns
geben wird. Ich habe keinen Zweifel an der
Zuverlässigkeit der Aussage dieses Politikers, hat er
sich doch erst vor kurzem vor der Industrie offen zu
unseren Vorschlägen bekannt.
Dieser Apothekertag ist die erste Hauptversammlung der
deutschen Apothekerinnen und Apotheker, die in den neuen
Bundesländern stattfindet. Als Kammerpräsident der
wiedervereinten Stadt Berlin drängt sich mir ein Bild
auf: Das Bild der Menschen, die es mit ihrer
Geschlossenheit, ihrem gemeinsamen Wunsch nach
Selbstbestimmung, geschafft haben, Veränderungen zu
erreichen, die noch ein Jahr zuvor als völlig unmöglich
angesehen wurden. Wir Apotheker werden für unsere
Homogenität von vielen anderen freien Berufen beneidet.
Viele Erfolge, die unsere doch relativ kleine
Berufsgruppe seit Gründung der ABDA im Jahr 1950
verzeichnen konnte, sind allein darauf zurückzuführen,
daß wir trotz teilweise unterschiedlicher Meinungen im
Detail immer mit einer Stimme sprechen.
Geben wir auch auf diesem Apothekertag ein deutliches
Zeichen der Geschlossenheit. Jetzt ist kein Platz für
Eitelkeiten und Partikularinteressen. Es geht um die
Umsetzung unseres Konzeptes, es geht darum, mehr
Verantwortung zu übernehmen, Die Voraussetzungen zur
Übernahme dieser Mehrverantwortung haben wir geschaffen.
Jetzt fordern wir sie ein!
Klaus Stürzbecher
Präsident der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher
Apothekerverbände
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