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Zweitklassig

12.08.2002  00:00 Uhr

Zweitklassig

Viele Befürworter einer vollständig solidarisch finanzierten Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kontern Forderungen nach Änderungen der Leistung oder Finanzierung der GKV mit dem Hinweis, dies gefährde die Solidarität und führe zwangsläufig in eine Zwei-Klassen-Medizin. An erster Stelle steht hierbei die amtierende Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).

Sicher keine stichhaltigen Argumente, wenn man sich die augenblickliche Situation im deutschen Gesundheitssystem anschaut. Die Zwei-Klassen-Medizin gibt es längst. Schon die Beitragsbemessungsgrenze teilt die Gesellschaft in zwei Klassen ein: privat Versicherte und GKV-Versicherte. Dazwischen stehen die in der GKV freiwillig Versicherten mit privater Zusatzversicherung. Also gilt schon heute: Wer es sich leisten kann, kann aus dem System mehr bekommen.

Aber auch bei der Bezahlung der Leistungen gibt es zwei Klassen. Privat Versicherte müssen für die gleiche Leistung mehr bezahlen als GKV-Versicherte. Unterschiede gibt es auch bei den Pflichtversicherten. Besserverdienende müssen für die gleichen Leistungen mehr bezahlen als weniger Verdienende oder Rentner. Nach dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit sollen alle Versicherten möglichst viele und gute Leistungen erhalten. Unter diesem Prinzip wurden jahrzehntelang Wahlversprechen umgesetzt. Das hat dazu geführt, dass das System intransparent und die GKV zu einem Selbstbedienungsladen geworden ist.

Das größere Angebot hat dazu geführt, dass Versicherte auch mehr Leistungen nachfragen. Die Kosten für den Einzelnen durften dabei jedoch nicht steigen. Auf Kosten der Versichertengemeinschaft wird heute weit mehr in Anspruch genommen, als die Konstrukteure der GKV geplant haben. Für jeden logisch Denkenden musste dieses System irgendwann vor die Wand fahren, zumal die Politik mit dem Diktat der Beitragsstabilität eine adäquate Finanzierung der Wahlgeschenke ausgeschlossen hat. Durch Rationalisierung und Einsparungen wird nun versucht, Kosten zu senken. Damit hat das soziale System eine unsoziale Note bekommen.

Es wird Zeit, über grundsätzlich neue Strukturen der GKV und deren Finanzierung nachzudenken. Egal, wer nach dem 22. September dieses Jahres die Regierungsverantwortung übernehmen wird, er wird über eine Teilung des Leistungskataloges nachdenken müssen. Große Risiken sollten weiterhin solidarisch abgesichert werden, bei kleineren Risiken sollte der Versicherte entscheiden, ob er sie selbst finanzieren kann oder sie zusätzlich versichern will.

Das ist natürlich nicht populär. Solche Vorstellungen passen auch nicht in Wahlkampfzeiten. Die Wahrheit ist oft unbequem. Wer eine Teilung des Leistungskataloges mit dem Hinweis auf eine Zweiklassenmedizin ablehnt, muss aber wissen, dass unser Gesundheitssystem dann bald nur noch zweitklassig ist.

Professor Dr. Hartmut Morck
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