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08.05.2000  00:00 Uhr

- EditorialGovi-Verlag

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von Dr. Jürgen Meyer-Wilmes, Berlin

In der letzten Zeit wird von standespolitischer Seite immer wieder die pharmazeutische Leistungsgemeinschaft beschworen.

Was heißt das eigentlich? Der Berufsstand ist sich doch bisher einig gewesen, dass man die Arzneimittelpreisverordnung beibehalten will und auch nicht zulassen wird, dass der Vertrieb von Arzneimitteln außerhalb der Apotheke ausgeweitet wird. Also besteht die Gemeinschaft doch schon.

Bei genauerem Hinsehen wird für mich immer deutlicher, dass die Gemeinschaft in den letzten Jahren Löcher bekommen hat. Das illegale Bestreben nach Mehrbesitz und Fremdbesitz aber auch die Missachtung einzelner Bestimmungen des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung sind Zeichen dafür. Auch das fast widerstandslose Hinnehmen von Arzneimittelberatungen durch Krankenkassen lässt mich zweifeln, dass im Berufsstand noch ein Gemeinschaftssinn herrscht.

In Davos war man sich zwar einig, dass es in Praxisnetzen keine Netzapotheken geben darf, weil eine solche Abhängigkeit gesetzwidrig sei und dadurch die Wahlfreiheit der Patienten beeinträchtigt würde. Aber was könnten die Apotheken in einem Netz machen? Sie könnten zum Beispiel anbieten, eine Arzneimittelliste als Empfehlungsliste zu erstellen. Das wäre ein Beitrag zur Wirtschaftlichkeit und eine fachliche Herausforderung. Nur die Frage ist wieder, wer macht sie? Eine einzelne Apotheke könnte das nicht leisten. Das heißt für mich, unsere Berufsorganisationen, also Kammern und Verbände, sollten stellvertretend für alle Apothekerinnen und Apotheker tätig werden und zum Beispiel regionale Arzneimittellisten erstellen.

Denn wenn es die Apotheken beziehungsweise ihre Organisationen nicht machen, werden es die angestellten Kollegen bei den Krankenkassen machen oder bereits ausgearbeitete Listen der Krankenhäuser zu Empfehlungslisten der jeweiligen Regionen erhoben. Aus diesem Dilemma werden wir nur herauskommen, wenn wir wirklich gemeinsam die Felder besetzen, die unsere pharmazeutische Kompetenz verlangen. Denkbar wäre, dass die regionalen Arzneimittelinformationsstellen mit solchen Aufgaben beauftragt werden und dieses Feld bestellen.

Aus meiner Sicht werden aber solche Fragen bisher zu wenig in unseren Berufsorganisationen diskutiert, man sieht sich noch zu sehr als Verteidiger von tradierten Mitgliederinteressen und nicht in der Rolle, auch Zukunftsfelder, die unter Umständen auch mit Risiken behaftet sein können, zu besetzen.

Es muss etwas geschehen, ansonsten wird die einzelne Apotheke nicht nur zum Spielball der Krankenkassen. Nur durch gemeinsame Aktivitäten aller Apotheker werden wir unsere eigenen Interessen aber auch die der Patienten gegen die Interessen der Kassen mit Erfolg verteidigen können. Das bedeutet, dass wir als Mitglieder dieses Standes die Entwicklung zu gemeinsamen neuen Strukturen unterstützen müssen und nicht aus Kostengründen zerreden und unterlassen.

Beim Pharmacon in Davos hieß es vom Podium: Wir müssen aggressiv als Stand gemeinsam vorgehen. Dieser Appell ist zu wenig. Er verhallt in der politischen Landschaft. Jedes Kammermitglied und jedes Verbandsmitglied sollte dafür werben, dass unsere Berufsorganisationen nicht nur Verwalter von Traditionen sind, sondern in unser aller Interesse Strategien für die Zukunft entwickeln, die den Apothekern und den Apotheken in dem sich wandelnden Gesundheitswesen eine glaubhafte und unverzichtbare Position verleihen.

Ein Berufsstand, der aktiv an der Zukunft mitgestalten will, wird in seiner Aufgabe, kranken Menschen zu dienen, eher verstanden als ein Berufstand, der nur auf Traditionen setzt.

Das Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes am 11. und 12. Mai in Berlin bietet eine Chance, die Zukunftsstrategien der deutschen Apothekerschaft der Öffentlichkeit zu verdeutlichen. Top

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