Pharmazeutische Zeitung online

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19.04.1999  00:00 Uhr

- EditorialGovi-Verlag

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von Brigitte M. Gensthaler,
PZ-Redakteurin

Die rot-grüne Regierung will vieles besser machen und noch mehr ändern. Patientenrechte und Patientenschutz zu erweitern, ist ein Desiderat ihres Eckpunktepapiers. Zudem sollen Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung weiter verbessert werden.

Dies paßt gut zusammen. Ein Tag im Krankenhaus kostet mehr als der durchschnittliche Jahresverbrauch an Arzneimitteln für einen Patienten. Welche finanzielle Verschwendung und welche Belastung für den Patienten, wenn dieser Krankenhausaufenthalt nicht zwingend nötig war.

In der Vermeidung von Fehlern, die durch mangelnde Compliance und nicht adäquate Arzneimittelanwendung entstehen, liegt eine Wirtschaftlichkeitsreserve, die es zu erschließen gilt. Die Apotheker sind hierfür prädestiniert. Information und Beratung gehören schon lange zu ihren gesetzlich verbrieften Aufgaben, die Pharmazeutische Betreuung als eine typisch apothekerliche Leistung sollte hinzukommen. Der bayerische Kammerpräsident Johannes Metzger unterstrich dies beim Bayerischen Apothekertag in Bamberg. "Wenn der Anspruch an Qualität und Wirtschaftlichkeit glaubhaft sein soll, muß die Pharmazeutische Betreuung als entgeltliche Kassenleistung im Gesetz verankert werden." Die Kassen werden´s nicht gerne hören.

Wenn Wirtschaftlichkeit aber mit Ausgabenbegrenzung verwechselt wird, so Metzger weiter, sei der Qualitätsanspruch nicht länger zu halten. Heute wird ein großer Teil der Bevölkerung mit Generika versorgt, auch wenn mitunter moderne Arzneistoffe geeigneter wären. Der verordnende Arzt wird sich aber gut überlegen, ob er mit teuren Innovationen sein Budget belastet. Wie lange wird es dauern, bis ein neu zugelassenes Arzneimittel in die Positivliste aufgenommen wird?, fragte der BAV-Vorsitzende Gerhard Reichert. Und wie werden sich Ärzte unter einem Globalbudget verhalten? Planwirtschaft hat noch immer zur Mangelwirtschaft geführt.

Die im Eckpunktepapier niedergelegten neuen Versorgungsformen lehnte der bayerische Kammerpräsident rundheraus ab. Sie würden zu einem Mehrklassensystem führen, letztlich die Wahlmöglichkeit des Patienten einschränken und die freiberuflich verantwortete Versorgung des Patienten aufgeben. Schnellschüsse könnten das Gesundheitswesen rasch in einen Scherbenhaufen verwandeln. Ob Politiker diesen kitten können, ist mehr als fraglich.

Die Qualität der Versorgung ist keine Sache, die am grünen Tisch verhandelt werden kann. Qualität entsteht nur durch konkrete Leistung vor Ort. Apotheker und Ärzte als Angehörige der Freien Berufe unterliegen strengen ethischen Berufsnormen und müssen ihre besondere Verantwortung für die ihnen anvertrauten Menschen täglich in die Praxis umsetzen. Ihr gelebtes Berufsverständnis schützt den Patienten: Das Arzneimittel darf nie gewöhnliche Handelsware sein, die auf allerhand Vertriebswegen verschachert werden kann; der Patient ist nie Verbraucher, der möglichst geschickt zum Konsum von Medikamenten oder therapeutischen Dienstleistungen animiert werden darf.

Dann läßt die Sorge um das Patientenwohl überhaupt keinen Spielraum für irgendwelche Attacken auf die Freiberuflichkeit von Arzt und Apotheker. Freie Heilberufler sind nicht teuer, sondern ihren Preis wert. Top

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