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Beitragsquellen

10.04.2000  00:00 Uhr

- Editorial Govi-Verlag

Beitragsquellen

von Rainer Vollmer,
PZ-Korrespodent

Die Beiträge der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung sind ins Gerede gekommen. Den Anlass dazu gab Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer, die wieder einmal ohne Abstimmung mit den Gesundheitspolitikern der SPD-Bundestagsfraktion öffentlich fabulierte. Der Aufschrei auf allen Seiten war entsprechend groß.

Von der Ministerin hätte man diese geistige Kehrtwendung nicht erwartet. Lautete ihr Schlachtruf – abgenutzt von allen bisherigen Gesundheitsministern – bisher: Das System hat genug Finanzierungskraft; es brauchen nur die wirtschaftlichen Ressourcen richtig genutzt zu werden.

Beide Behauptungen sind falsch, wenn das System nicht in die Rationierungsfalle abdriften soll. Das System benötigt sehr wohl zusätzliche Einnahmen. Die sind aber von Löhnen und Gehältern nicht mehr zu bezahlen. Also müssen beim Versicherten neue Geldquellen erschlossen werden. Das könnten, wie der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion bereits gefordert hat, erhöhte Zuzahlungen des Versicherten bei Leistungen sein.

Die Ministerin hat das bisher massiv abgelehnt. Und somit trat sie die Flucht nach vorn an mit der Forderung, andere Beitragsquellen anzuzapfen. Das geschah allerdings ohne Gesamtkonzept, ohne klare Linien und vor allem mit unsinnigen Behauptungen. "Riesige Aktiengewinne" sollten herhalten, um die Kassen der Krankenkassen zu füllen. Welch ein Unsinn, da dem einmal die systemgerechten Beitragsbemessungsgrenzen entgegenstehen, und Nicht-Beitragszahler wie Banken und Versicherungen die Haupt-Aktien-Gewinner sind. Offensichtlich hat die Ministerin an ihre ideologisch gefärbten Wähler der Grünen gedacht und zu sehr auf Emotionalität gesetzt, um das einmal sehr höflich auszudrücken.

Dennoch sind die Grundüberlegungen der Ministerin beachtenswert. Die Solidarität muss endlich neu bestimmt werden: Dann ist es richtig, Ehepartner, die nicht erwerbstätig arbeiten und keine Kinder sowie keine Pflegebedürftigen betreuen, zur Beitragszahlung heran zu ziehen.

Die Erbengeneration mit Hang zu Teilzeitarbeit darf nicht zum teuren Kostenfaktor werden: Dann ist es richtig, die Erben auch mit ihren Vermögenseinnahmen wie Mieten und Zinsen mit Beiträgen zu belasten.

Die Krankenversicherung der Rentner läuft völlig aus dem Ruder: Schon jetzt tragen die aktiv Versicherten überproportional zu den Kosten der Rentner bei, nämlich mit 60 Milliarden DM. Denn Rentner als ehemalige Pflichtversicherte zahlen im Gegensatz zu den ehemals freiwillig Versicherten nur Beiträge nach ihren Renteneinnahmen. Das ist ungerecht, da sie neben den Einnahmen aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch Einnahmen aus privater (Lebensversicherung) und beruflicher (betrieblicher) Rente haben.

Apotheker sind in zweifacher Hinsicht betroffen: Sie können erstens damit rechnen, dass bei mehr Geld im System endlich die unseligen versteckten Rationierungen beendet werden. Das Arzneimittelbudget der Ärzte und andere massive Restriktionen dürften wegfallen, zumindest stärker abgestuft werden.

Andererseits müssen Apotheker mit höheren Beiträgen rechnen, wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind und unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze Einnahmen haben, ob als Inhaber oder als Angestellter.

Anders ist es, wenn die Ministerin bei der angekündigten Organisationsreform der Krankenversicherung gleichzeitig die Beitragsbemessungsgrenze anhebt. Dann allerdings steigt der Beitrag undifferenziert hoch an. Die Folge wäre, dass die Leistungsbereiten und dadurch ohnehin schon stark belasteten Gutverdienenden in eine Zwangssolidarität hineingepresst werden, die nichts mit Solidarität, sondern viel mehr mit staatlicher Ausbeutung zu tun hätte. Die Flucht aller in die private Krankenversicherung wäre vorgezeichnet.

Es ist zu hoffen, dass im Ministerium keine Schnellschüsse abgefeuert werden mit unwägbaren Auswirkungen auf das Gesundheitswesen. Vielmehr können der Versicherte und der Leistungserbringer erwarten, dass es eine Weiterentwicklung im Gesundheitswesen gibt und keine so genannte Reform bisher bekannter Machart. Top

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