Papiermüll ade |
12.08.2002 00:00 Uhr |
von Hanna Kleine-Weischede, Eschborn
Zeitungen, Briefe, Werbezettel – jeder weiß wie viel Müll sich im Laufe der Zeit ansammeln kann. Durch den Einsatz von "elektronischem“ Papier könnte dies bald der Vergangenheit angehören.
Das Papier der Zukunft ist ein weniger als ein Millimeter dünnes Display, wiegt fast nichts und lässt sich wie eine Zeitung rollen. Mit Hilfe von elektronischer Tinte, die aus bipolaren Kügelchen besteht, bildet es jeden beliebigen Text oder Bilder ab. Es ist zwar etwas teurer als handelsübliches Papier, dafür kann elektronisches Papier per PC immer wieder neu beschrieben werden.
Der Lesekomfort sei besser als der von elektronischen Büchern. So soll sich das Medium fast wie normales Papier anfühlen und auch – anders als bei einem Laptop - bei hellem Licht noch gut zu lesen sein.
Jahrzehntelang haben die Forscher an der Entwicklung dieses neuen Produktes getüftelt. Das Xerox Palo Alto Research Center (PARC) und das Massachusetts Institute of Technology (MIT) rangeln um die ersten kommerziellen Erfolge ihrer Erfindungen.
Das elektronische Papier könne künftig als Buch oder Zeitung gebunden werden oder in den verschiedensten mobilen Geräten, wie zum Beispiel Handys, zum Einsatz kommen. Der Vorteil: Noch während des Lesens einer elektronischen Zeitschrift kann deren Inhalt aktualisiert werden. Animierte oder bewegte Bilder machen die Beiträge attraktiver. Seiten können auch markiert oder mit Bleistift beschrieben werden.
Die Idee des elektronischen Papiers ist bereits über 25 Jahre alt. Damals suchte erstmals Nick Sheridon, Forscher am Xerox PARC, nach Alternativen für PC-Bildschirme, die damals mit starkem Flimmern und zu dunkler Darstellung äußerst augenunfreundlich waren. Sheridon entwickelte die Technik, die dem elektronischen Papier noch heute zu Grunde liegt.
Tinte aus der Steckdose
Das Papier besteht aus einer dünnen Kunststofffolie, in der Millionen von mikroskopisch kleinen Kügelchen, in etwa vergleichbar mit Toner-Teilchen, eingelagert sind. Die polarisierten Kügelchen sind auf der einen Seite weiß, schwarz beziehungsweise rot auf der anderen. Durch elektrische Spannung werden die Kügelchen so gedreht, dass sie zusammen ein Bild oder einen Text darstellen. Das Bild bleibt so lange erhalten, bis ein anderes Spannungsmuster aufgebracht wird. Damit der Inhalt stabil bleibt, schwimmen die Kügelchen abgetrennt voneinander in zähflüssigem Öl.
"Elektronisch wiederverwendbares Papier ist das Papier der Zukunft,“ sagt Bob Sprague, Manager von Xerox PARCs Document Hardware Lab. Doch die Möglichkeiten des Produktes sind begrenzt: Durch das ständige Überschreiben besteht die Gefahr, dass Daten der Nachwelt verloren gehen. Zudem werden die Inhalte nie die Qualität von Gedrucktem erreichen. Realistischer ist es, dass diese Erfindung für Wandanzeigetafeln, für Handys oder andere tragbare elektronische Geräte mit Displays eingesetzt wird.
Bereits Ende 2000 gründete Xerox die Firma Gyricon Media. Das Tochterunternehmen vertreibt wieder beschreibbare elektronische Schilder, die netzfähig sind und per Mausklick aktualisiert werden. Sie können zum Beispiel als Anzeigetafeln, zu Werbezwecken oder Warenkennzeichnung in Geschäften und finden so vielleicht auch bald den Weg in die Apotheke.
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