Lunapharm: Kein Diebesgut in den Apotheken Brandenburgs |
Der Arzneimittelhändler Lunapharm hat, nach aktuellem Kenntnisstand, keine brandenburgischen Apotheken mit den in Frage stehenden Krebsmedikamenten aus Griechenland beliefert. Das sagte die brandenburgische Gesundheitsministerin Diana Golze (Die Linke) heute im Rahmen einer Sondersitzung im Potsdamer Landtag. Man könne mit Bezug auf die Lieferlisten des Unternehmens davon ausgehen, dass zwar Apotheken in anderen Bundesländern betroffen seien, nicht aber Betriebe in Brandenburg. Das gelte allerdings nur für den Direktvertrieb von Lunapharm, betonte Golze. So habe das Unternehmen seine Präparate auch über Zwischenhändler vertrieben. Welchen Weg die Arzneimittel von dort aus genommen haben, müsse man noch ermitteln.
Zuletzt war bekannt geworden, dass die fraglichen Krebsmittel nach Erkenntnissen der Berliner Behörden unter anderem an drei Apotheken in der Hauptstadt geliefert worden waren. Mindestens 220 Patienten sollen demnach in der Region betroffen sein. Lunapharm soll über Jahre gestohlene Krebsmedikamente aus Griechenland vertrieben haben. Da nicht sicher ist, ob die Präparate korrekt gelagert wurden, steht ihre Wirksamkeit infrage. Die zuständige Aufsichtsbehörde in Brandenburg hatte lange Zeit nicht durchgegriffen und dem Unternehmen erst vor Kurzem die Betriebserlaubnis entzogen. Dagegen legte Lunapharm mit Erfolg Widerspruch ein. In einem zweiten Versuch konnten die Behörden erreichen, dass die Betriebserlaubnis zumindest ruht, bis weitere Details feststehen.
Landesgesundheitsministerin Golze steht seit Bekanntwerden der Vorfälle unter großem Druck. In der heutigen Sondersitzung musste sie sich erneut für die Versäumnisse der Behörden verantworten. Sie erklärte, sich auf Aussagen ihrer Mitarbeiter verlassen zu haben. Sie habe auch «Entscheidungen getroffen, die ich heute nicht mehr treffen würde», räumte sie ein. Zurücktreten will Golze aber nicht. Staatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt bestätigte, dass derzeit nur ein einziger GMP-Inspektor für alle brandenburgischen Apotheken zuständig ist. Drei weitere Stellen seien vakant. Das ist deshalb problematisch, da für bestimmte Prüfungen zwei Inspektoren vorgeschrieben sind. Es sei nicht einfach, Bewerber zu finden, sagte Golze.
Im Juli hatte Golze eine Task Force mit Experten aus Medizin, Pharmazie und Verwaltung einberufen, die bis Ende August einen Bericht vorlegen soll. Darin sollen sie die Vorkommnisse aufklären und Empfehlungen aussprechen, wie sich ein solcher Fall in Zukunft verhindern lässt. Auch mögliche Fälle von Korruption innerhalb der Behörde sollen geklärt werden. «Wir untersuchen momentan detailliert, wann welcher Mitarbeiter welche Kenntnisse bekommen hat», sagte Task Force-Leiter Ulrich Hagemann vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Erst wenn es konkrete Beweise gebe, könne man in einem zweiten Schritt Disziplinarverfahren gegen Mitarbeiter einleiten, sagte Golze. «Indizien reichen nicht aus.»
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) stellte sich im Landtag derweil hinter seine Ministerin. Golze habe momentan sein vollstes Vertrauen, betonte er. Man arbeite intensiv an einer Aufklärung und müsse zunächst die Ergebnisse der Task Force abwarten. «Im Anschluss müssen wir die notwendigen Konsequenzen ziehen», so Woidke. Er versprach eine vorbehaltlose Aufklärung. (ap/sch)
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16.08.2018 l PZ
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