Myelinscheide: Reparatur nach festem Schema |

Ohne intakte Myelinschicht rund um die Fortsätze von Nervenzellen (Axone) funktioniert die Reizleitung nicht. Schäden an der Myelinscheide können so schwere Krankheiten wie Multiple Sklerose (MS) auslösen. Allerdings kann der Körper beschädigte Stellen auch reparieren, und vermutlich steuern die Nervenzellen diesen Prozess selbst. Ein Team um den Neurowissenschaftler Dr. Tim Czopka von der Technischen Universität München (TUM) hat die Reparatur erstmals live beobachtet und dies in der Fachzeitschrift «Current Biology» veröffentlicht.
Die Myelinscheide um die Axone wird oft mit der Isolierung um elektrische Kabel verglichen. Sie ist aber kein einfacher Schlauch, sondern in unterschiedlich lange Segmente unterteilt. Dies ist keine Spielerei der Natur: Zahl und Länge der Myelinsegmente bestimmen die Übertragungsgeschwindigkeit elektrischer Signale mit.
Durch eigens entwickelte Markierungssubstanzen konnten die Forscher zeigen, wie Myelinsegmente um Axone im Rückenmark von Zebrafischen gebildet werden. Sie stellten fest, dass charakteristische Muster mit unterschiedlich langen Segmenten innerhalb weniger Tage nach Beginn der Myelinbildung festgelegt werden. Wächst der Fisch, wachsen auch die Segmente. Das einmal festgelegte Muster bleibt aber erhalten.
Zerstörten die Forscher nun einzelne Abschnitte, folgte ein geordneter Wiederaufbau. Zunächst dehnten sich die benachbarten Segmente aus, um die Lücke zu schließen. Dann wuchs zwischen ihnen ein neues Segment, und sie schrumpften auf ihre anfängliche Größe zurück. «Am Ende war der Schaden repariert und das ursprüngliche Muster in den meisten Fällen wieder hergestellt», sagt Czopka in einer Pressemeldung der TUM.
Doch wer steuert den Prozess? «Unsere Beobachtungen legen nahe, dass nicht die myelinbildenden Zellen, die Oligodendrozyten, sondern die Axone bestimmen, wo Myelin gebildet wird. Man könnte sagen, dass sie am besten wissen, welches Muster für die ideale Übertragungsgeschwindigkeit benötigt wird.» Dieses Wissen könnte später einmal Patienten, zum Beispiel mit MS, helfen. Dazu müssen die Forscher die Steuerung der Myelinregeneration noch genauer verstehen. (bmg)
DOI: 10.1016/j.cub.2018.01.017
Zum Video «Beobachten von Myelin-Mustern» (Youtube, externer Link)
19.02.2018 l PZ
Foto: Fotolia/adimas