Pharmazeutische Zeitung online

Preis steht fest: Erste Gentherapie am Auge kostet 850.000 US-Dollar

Der Preis für die erste zugelassene Gentherapie am Auge steht fest. Die Therapie mit dem Medikament Luxturna® (Voretigen Neparvovec) soll seinem US-amerikanischen Hersteller Spark Therapeutics zufolge rund 425.000 US-Dollar (355.000 Euro) pro Auge kosten. Das berichtete die Zeitschrift «Technology Review». Luxturna hilft bestimmten Patienten mit der seltenen erblichen Netzhauterkrankung Retinadystrophie. Bei ihnen beruht sie auf einem Defekt im RPE65-Gen und führt häufig noch vor dem 20. Lebensjahr zur Erblindung. Das Mittel war im vergangenen Oktober durch die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA zugelassen worden.

 

Die US-amerikanische Patientenorganisation Patients for Affordable Drugs kritisierte den hohen Preis. Wer bei einer Krankenversicherung mit hoher Eigenbeteiligung versichert sei, könne sich die Behandlung nicht leisten und Menschen ohne Versicherung erst recht nicht, sagte deren Präsident David Mitchell. Doch dieses Argument kann der Leiter des Instituts New Drug Development Paradigm am Massachusetts Institute of Technology, Mark Trusheim, nicht nachvollziehen.

 

Was den Preis angeht, seien Gentherapien nicht mit herkömmlichen Arzneimitteltherapien zu vergleichen, erklärte Trusheim laut Technology Review. Schließlich würden sie nur ein einziges Mal angewandt und verursachten anschließend keine Kosten mehr. «Das ist, als wenn man vom Mieter zum Käufer einer Wohnung wird und sich dann über den Kaufpreis erschreckt», sagte er.

 

Spark Therapeutics hatte mitgeteilt, man suche bereits nach Möglichkeiten, die Therapiekosten zu verringern. So könnten Krankenversicherungen beispielsweise einen Rabatt bekommen, wenn die Behandlung sehr dringlich ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Sehfähigkeit eines Patienten innerhalb von zweieinhalb Jahren schlechter geworden ist. Auch Ratenzahlungen könnten möglich sein.

 

Luxturna besteht aus einer intakten Kopie des RPE65-Gens. Bei betroffenen Patienten ist dieses Gen defekt und sie können kein RPE65-Protein herstellen. Dadurch bildet sich nicht ausreichend aktives Sehpigment. In Luxturna ist das kopierte Gen in ein modifiziertes Adeno-assoziiertes Virus verpackt. Nach der subretrinalen Injektion kann das behandelte Auge selbst RPE65-Protein produzieren. Retinadystrophie in dieser Form gilt als seltene Erkrankung, in Deutschland gibt es rund 200 Patienten.

 

Gentherapeutika gehören zu den als neuartige Therapien klassifizierten Arzneimitteln. Patientenvertreter Mitchell sieht im hohen Preis für Luxturna einen Beleg dafür, dass diese Form der Therapie auch in Zukunft unbezahlbar bleibt. Dem widerspricht Ken Mills vom US-amerikanischen Biotech-Unternehmen Regenxbio. Man wisse aus Erfahrung, dass der Preis für die ersten zugelassenen Produkte einer neuartigen Therapie nicht unbedingt definiere, wie sich der spätere Markt entwickelt, sagte er. (ap)

 

11.01.2018 l PZ

Foto: Fotolia/Stasique