Bangladesch: Diphtherie-Ausbruch und Antitoxin-Mangel |

In Flüchtlingslagern für Angehörige der Rohingya in Bangladesch ist die bakterielle Infektionskrankheit Diphtherie ausgebrochen, melden Ärzte ohne Grenzen. Mehr als 3000 Verdachtsfälle seien bis zum Jahreswechsel registriert worden. Vor allem Kinder zwischen 5 und 14 Jahren sind betroffen. «Dieser Diphtherie-Ausbruch kommt für die Menschen zusätzlich zu einem Masernausbruch und zu ihrer ohnehin immensen Notlage mit enormen Gesundheitsbelastungen», sagt Pavlos Kolovos, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Bangladesch. «Die Menschen waren schon zuvor sehr verletzlich, nur wenige von ihnen sind geimpft.»
Zwar wurde eine Massenimpfkampagne gestartet, doch baut sich erst ein wirksamer Schutz auf, wenn im Abstand von vier Wochen mindestens zwei Impfungen verabreicht wurden. Die Menschen vor Ort wüssten meistens wenig bis gar nichts über den Nutzen von Impfstoffen und hätten vor weniger als einem Monat bereits an einer Masernimpfkampagne teilgenommen. Viele würden deshalb nicht verstehen, warum nun weitere Impfungen nötig sind.
Auch die Behandlung der Erkrankten ist schwierig: Diphtherie-Bakterien produzieren Toxine, die auch Wochen nach der Erholung das Nervensystem, das Herz und die Nieren schädigen können. «Werden die Patienten nicht behandelt, ist die Sterblichkeitsrate hoch», warnt die Hilfsorganisation. Daher benötigen alle Erkrankten ein Diphtherie-Antitoxin. Da die Erkrankung in den meisten Ländern jedoch durch Impfungen bereits stark zurückgedrängt ist, ist nur wenig Antitoxin auf Lager – weltweit nur 5000 Ampullen. Selbst davon sei bislang nur ein kleiner Teil in Bangladesch eingetroffen. «Es gibt nicht genug Arzneimittel, um all unsere Patienten zu behandeln. Aber alle benötigen die Medizin. Wir sind gezwungen, sehr schwierige Entscheidungen zu treffen», sagt Crystal van Leeuwen, medizinische Leiterin der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Amsterdam. Auch im Bürgerkriegsland Jemen gab es im Herbst einen Diphtherie-Ausbruch. Die WHO importierte daraufhin 1000 Ampullen Antitoxin im November, mehr als drei Millionen Kinder sollen geimpft werden.
Die Mediziner geben derzeit ihr Möglichstes, um die Situation in den Flüchtlingslagern in Bangladesch unter Kontrolle zu bekommen. So wurden spezielle Behandlungszentren eingerichtet oder umgewidmet. Kontaktpersonen von Erkrankten werden identifiziert und prophylaktisch mit Antibiotika behandelt. Generell fürchten Ärzte ohne Grenzen angesichts der schlechten hygienischen Bedingungen der extrem dicht besiedelten Lager mit prekärer Wasserversorgung weitere Krankheitsausbrüche, nicht nur von Diphtherie. (dh)
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03.01.2018 l PZ
Foto: WHO Bangladesch