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Gelbsuchtherapie: Lichtpyjama behandelt Neugeborene

 

Einen Pyjama aus lichtleitendem Gewebe zur Therapie von Neugeborenen-Gelbsucht haben Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) in der Schweiz entwickelt. Das Tragen des Pyjamas kann die Therapie im Brutkasten ersetzen, berichten die Forscher um Dr. Maike Quandt im Fachjournal «Biomedical Optics Express». So kann der Säugling während der Therapie mit kurzwelligem Licht gestillt, gefüttert oder beschmust werden.

 

Gelbsucht kommt bei Neugeborenen relativ häufig vor, etwa 60 Prozent der Kinder sind betroffen. Die Ursache des Phänomens ist, dass beim Hämoglobin-Abbau so viel Bilirubin entsteht, dass die Leber mit dessen Entsorgung überfordert ist. Das giftige Abbauprodukt Bilirubin führt dann zu sichtbaren gelben Ablagerungen in der Haut. Gefährlich wird die Situation, wenn ein gewisser Schwellenwert überschritten wird und Bilirubin das Gehirn schädigt.

 

Um dies zu verhindern, erhalten betroffene Neugeborene eine Lichttherapie im Brutkasten. Lichtstärken um 30 Mikrowatt/Quadratzentimeter im blauen Spektrum sorgen dafür, dass sich Bilirubin in eine lösliche Form verwandelt, die auch der unreife Organismus des Säuglings leicht abtransportieren kann. Während der Lichttherapie befindet sich der Säugling nackt, allein und mit Augenschutz in einem Brutkasten. Um die Therapie den Bedürfnissen des Kindes besser anzupassen, kreierten die Forscher aus der Arbeitsgruppe von Dr. Luciano Boesel Textilien, in die optisch leitende Fasern eingewoben sind. Als Lichtquelle dienen batteriebetriebene LEDs. Gemeinsam mit herkömmlichem Garn ließen sich die optischen Fasern zu einem Stoff verweben, der eingespeistes Licht gleichmäßig über die Stoffbahn verteilt.

 

Damit das blaue Licht im therapeutischen Bereich um 470 Nanometer Wellenlänge aber nicht innerhalb der Fasern bleibt, sondern auf die Haut des Säuglings abgestrahlt wird, ermittelte Boesels Team den passenden Winkel, mit dem die Fasern beim Weben gebogen werden müssen. Die derart gewebten Textilien lassen sich zu einem Strampelanzug oder einem Schlafsack verarbeiten. Da diese das Licht lediglich nach innen abgeben, entfällt für das Neugeborene das Tragen einer Schutzmaske.

 

Der Prototyp des Pyjamas aus photonischen Textilien strahlt zurzeit blaues Licht mit einer geringeren Lichtstärke ab. «Für die kommerzielle Produktion muss die Lichtstärke des Pyjamas daher noch etwas erhöht werden», sagt Quandt. Hierzu müssten lediglich stärkere Leuchtdioden eingesetzt werden. (ch)

 

DOI: 10.1364/BOE.8.004316

 

01.11.2017 l PZ

Foto: Empa