NEM: Verbraucherschützer fordern Zulassungspflicht |
Täglich eine Magnesiumtablette, ein paar extra Vitamine und etwas Zink soll ja auch nicht schaden: Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) ist hierzulande weitverbreitet. Und birgt zum Teil gesundheitliche Risiken aufgrund von Überdosierungen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert daher ein behördliches Zulassungsverfahren und gesetzliche Grenzwerte.
Hintergrund ist ein Test der Verbraucherschützer zu Magnesiumpräparaten. Demzufolge sind 64 Prozent der geprüften Produkte überdosiert. Das heißt 27 der 42 untersuchten Magnesiumpräparate überschreiten die vom Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlene Magnesium-Höchstmenge von 250 mg pro Tag. Der vzbv kritisiert fehlende gesetzliche Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe sowie eine ausstehende Regelung für die auf der Packung angegebene Bezeichnung «sonstige Stoffe». Der Großteil dieser Stoffe, wie etwa Aminosäuren, essentielle Fettsäuren und Pflanzen- oder Kräuterextrakte sei in Deutschland im Gegensatz zu einigen anderen EU-Ländern (wie Belgien, Italien und Frankreich) noch ungeregelt.
«Nahrungsergänzungsmittel sind keine herkömmlichen Lebensmittel. Wir brauchen dringend klare Regeln für sinnvolle Dosierungen und definierte Anforderungen an die Inhaltsstoffe», so der Vorstand des vzbv, Klaus Müller. Die Verbraucherschützer fordern daher eine behördliche Sicherheitsprüfung und staatliche Zulassungsverfahren für diese Produkte. Sie beklagen auch die unklare Abgrenzung von NEM zu Arzneimitteln. Viele muten in Aussehen und hinsichtlich der Werbeaussagen an wie apothekenpflichtige OTC-Präparate. Während jedoch Medikamente einer Zulassungsprüfung unterliegen, müssen NEM lediglich wie Lebensmittel angemeldet werden. Ihre Wirksamkeit und Sicherheit wird nicht amtlich geprüft. Die niedrigschwelligen Marktzugangsbedingungen ermöglichen den Herstellern ein Milliardengeschäft. Denn der Markt für Ergänzungsmittel boomt.
Nach Angaben der Analysten von IMS Health stieg die Nachfrage nach solchen Produkten im Jahr 2015 um knapp 12 Prozent auf 153 Millionen Packungen im Wert von mehr als einer Milliarden Euro. Einer Forsa-Umfrage im Auftrag des vzbv zufolge nimmt jeder dritte Bundesbürger regelmäßig NEM ein. Dabei unterschätzen sie die Risiken. Knapp die Hälfte der Verbraucher (47 Prozent) vertraut demnach fälschlicherweise darauf, dass die Wirksamkeit und Sicherheit der Produkte amtlich geprüft wurde. Auch gehen 51 Prozent der Verbraucher davon aus, dass NEM eine für die Gesundheit «sehr förderliche bis eher förderliche» Wirkung haben. Von denen, die diese Präparate nehmen, sind sogar 83 Prozent davon überzeugt. Dabei ist nach Aussagen des vzbv die Einnahme von Ergänzungsmitteln in der Regel unnötig, denn die meisten Verwender haben keinen Nährstoffmangel. Die zusätzliche Einnahme sei häufig reine Geldverschwendung, zudem könnten Überdosierungen gefährliche Nebenwirkungen verursachen. (et)
19.01.2017 l PZ
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