Pharmazeutische Zeitung online

Johanniskraut und Co im Fokus

Johanniskraut, Baldrian und Lavendel: Dr. Mario Wurglics von der Goethe-Universität Frankfurt bewertete Phytopharmaka aus diesen Drogen bei der Pharma World in Düsseldorf.

 

Nach einer Analyse der Cochrane-Collaboration waren Johanniskraut-Extraktpräparate in Studien bei Patienten mit leichter bis mittelschweren Depression signifikant besser wirksam als Placebo und vergleichbar mit chemisch-synthetischen Antidepressiva, informierte Wurglics. Dazu wurden relativ hohe Dosen eingesetzt, meist mehr als 900 mg. Gemäß der S3-Leitlinie zur unipolaren Depression könne mit Johanniskraut-Präparaten ein erster Therapieversuch unternommen werden. Apotheker sollten die Patienten über die unterschiedlichen Wirkstärken der Präparate und deren Wechselwirkungen informieren.

 

Laut Wurglics sind alle Johanniskraut-Präparate, die den Kriterien des Europäischen Arzneibuchs entsprechen, empfehlenswert. Manche Handelspräparate seien jedoch unterdosiert oder enthielten Pulver statt Extrakt. Laut eigenen Analysen enthalten Pulverpräparate nur Spuren von Hyperforin und «sind nicht vergleichbar mit den geprüften Präparaten».

 

Fazit des Experten: Johanniskraut-Extrakte in einer Dosierung von mindestens 600 mg/Tag sind gut wirksam bei leichten bis mittelschweren Depressionen. Weniger positiv war das Ergebnis für Baldrian, der laut Wurglics zur traditionellen europäischen Medizin (TEM) gehört. Es gebe eine HMPC-Monographie zum «well-established use» bei leichten nervösen Spannungszuständen und Schlafstörungen für bestimmte Extraktpräparate. Diesen Kriterien entsprächen aber nur einige Präparate im Markt. Kombinationen, zum Beispiel mit Melisse, Hopfen oder Passionsblume, scheinen wirksamer zu sein.

 

Ein neues Präparat aus Lavandula angustifolia stufte Wurglics als rationales Phytopharmakon zur Therapie von Angststörungen bei Erwachsenen ein. Das Präparat habe eine belegte Wirksamkeit bei guter Verträglichkeit, löse keine Sedierung aus und verbessere die Schlafqualität. In der S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen werde es bei den pflanzlichen Präparaten genannt. Silexan enthält ein spezielles Lavendelöl mit einem Gehalt an Linalool und Linalylacetat von circa 80 Prozent. «Das ist extrem hoch.»

 

In zwei Studien war Silexan laut Wurglics dem Placebo deutlich überlegen und äquipotent zu Lorazepam. 2014 wurde eine dritte Studie publiziert: Hier waren Silexan (80 oder 160 mg) sowohl dem Paroxetin als auch einem Placebo überlegen. (bmg)

 

02.10.2015 l PZ

Foto: Fotolia/Tim UR