Weniger Antibiotika: Ärzte schulen, Patienten aufklären |

Antibiotikaverordnungen bei akuten Atemwegsinfekten lassen sich um die Hälfte reduzieren, wenn Arzt und informierter Patient gemeinsam die Therapieentscheidung treffen, so das Ergebnis einer kanadischen Studie im Fachmagazin «Canadian Medical Association Journal». An der randomisierten, zweiarmigen Studie nahmen insgesamt 359 Patienten mit akuten Infekten der oberen Atemwege teil sowie 149 Ärzte. Die Hälfte von ihnen erhielt vorab eine Schulung, wie sie Patienten optimal aufklären und so zu kompetenten Mitentscheidern machen können. Das Team um Studienleiter Dr. France Légaré von der Université Laval, Québec, verglich die Entscheidung «Antibiotika Ja oder Nein» von 181 aufgeklärten Patienten mit der von 178 Patienten, die von Ärzten ohne Schulung behandelt wurden.
Das Ergebnis: In der Gruppe mit geschulten Ärzten entschieden sich 27,2 Prozent der Patienten für ein Antibiotikum. In der Kontrollgruppe dagegen waren es 52,2 Prozent. Die Aufklärung der Patienten führte demnach zu einer Senkung der Antibiotika-Anwendungen um rund 50 Prozent. Nach zwei Wochen überprüften die Forscher, ob die Patienten den Verzicht auf ein Antibiotikum in Bezug auf ihre Erkrankung als Nachteil empfunden haben. Dies war nicht der Fall.
Obwohl die Mehrzahl der oberen Atemwegsinfektionen viral bedingt ist, verschreiben Ärzte häufig Antibiotika. Das Team um Légaré führt dies auf zwei Gründe zurück: Zum einen auf das unkritische Verordnungsverhalten der Ärzte, zum anderen auf die Anspruchshaltung des Patienten an den Arzt, mit einem Antibiotikum das vermeintlich beste Mittel zu bekommen.
Vor diesem Hintergrund entwickelten die kanadischen Forscher ein spezielles Schulungsprogramm für Ärzte: Ziel ist die verbesserte Kommunikation mit dem Patienten – vor allem dessen Aufklärung über die unklare virale oder bakterielle Genese – sowie anschließend dessen Miteinbeziehung in die Therapieentscheidung. Die Studienautoren sehen das Ergebnis als einen Hinweis, dass entsprechende Schulungskonzepte das Verordnungsverhalten von Hausärzten ändern können. (kg)
doi: 10.1503/cmaj.120568
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03.08.2012 l PZ
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