In Städten ist der Weg zum nächsten Arzt kürzer |
In Städten ist die medizinische Versorgung besser erreichbar als auf dem Land. Das ist ein Ergebnis des Gleichwertigkeitsberichts der Bundesregierung. / Foto: Getty Images/FatCamera
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) haben den Gleichwertigkeitsbericht mit dem Titel »Für starke und lebenswerte Regionen in Deutschland« federführend erstellt. Mit dem Bericht unternimmt die Bundesregierung erstmals den Versuch, den Stand und die Entwicklung der Lebensbedingungen in den einzelnen Stadt- und Landkreisen zu beschreiben. Die Verfasser untersuchten beispielsweise die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Arbeitslosenquote, Lebenserwartung, aber auch Umweltbelastungen sowie die medizinische und pflegerische Versorgung. Für den Bericht wurden auch Bürgerinnen und Bürger zu ihren Lebensbedingungen befragt und die Ergebnisse mit einbezogen. Vertiefend führten die Verfasser in acht Regionen Fokusgruppeninterviews mit haupt- und ehrenamtlich tätigen Menschen, informierten das BMWK und das BMI in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zeigen die Ergebnisse des Berichts, »dass wirtschaftliche, soziale, gesellschaftliche und ökologische Unterschiede zwischen den Regionen Deutschlands in den letzten Jahren mehrheitlich abgenommen haben. Die Analysen des Berichts bestätigen jedoch auch, dass viele Regionen weiterhin vor großen Herausforderungen stehen.« Der Bericht liefere der Bundesregierung wichtige Erkenntnisse, wie sie die Regionen noch besser unterstützen könne, so Habeck.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte, dass die Vielfalt der Regionen eine Stärke Deutschlands sei. Diese Vielfalt gelte es schützen und zu stärken. »Viele Menschen leben gerne auf dem Land und in kleinen Städten«, sagte Faeser. Für gute Jobs und gute Lebensbedingungen siedele die Regierung daher gezielt Einrichtungen von Staat und Wissenschaft in strukturschwachen Regionen an.
Laut dem Bericht ist die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und flächendeckenden Gesundheitsversorgung ein zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge und entscheidend für die Stärkung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Durch die älter werdende Bevölkerung steige in vielen Regionen Deutschlands der Bedarf an gesundheitlicher Versorgung. Gleichzeitig verschärfe sich dadurch der Fachkräftemangel. Dies stelle insbesondere strukturschwache und ländliche Regionen vor große Herausforderungen.
Im Bereich der Gesundheit vergleichen die Autoren unter anderem die Lebenserwartung, Sterblichkeit, Versorgungsdichte mit Hausärzten sowie die medizinisch-pflegerische Versorgung in verschiedenen Regionen. Bei der Lebenserwartung besteht dem Bericht zufolge tendenziell sowohl ein West-Ost-Gefälle als auch ein weniger ausgeprägtes Süd-Nord-Gefälle. So habe die Auswertung der Daten ergeben, dass die Lebenserwartung der Menschen im Ruhrgebiet und im Saarland deutlich geringer sei als die der Menschen in den jeweiligen Nachbarregionen. Die höchste Lebenserwartung hätten Menschen in bestimmten Kreisen in Mittel- und Süddeutschland. Insgesamt liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei Frauen laut Bericht heute bei 83,2 Jahren und bei Männern bei 78,3 Jahren.
Eine zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung spielen laut Bericht Hausärztinnen und Hausärzte, da sie meist erster Anlaufpunkt bei gesundheitlichen Beschwerden seien und häufig ganze Familien en Leben lang begleiteten. Für die Ansiedlung der Hausärztinnen und Hausärzte sorgen die Kassenärztlichen Vereinigungen, die für die Zulassung zuständig sind, im Zuge der Bedarfsplanung.
In ländlichen und strukturschwachen Gebieten ist die Nachbesetzung von Hausarztsitzen laut Bericht teilweise problematischer als in Städten. Insbesondere in den Ländern Bayern, Thüringen, Rheinland-Pfalz und in Teilen von Niedersachsen gehe die Zahl der Hausärzte im Vergleich zu anderen Bundesländern zurück, stellen die Autoren fest. Dennoch könne insgesamt noch von einer guten hausärztlichen Versorgung gesprochen werden.
Ein Stadt-Land-Gefälle gibt es laut Bericht auch insgesamt bei der medizinisch-pflegerischen Versorgung. So weisen Städte demnach eine grundsätzlich bessere Erreichbarkeit medizinischer und pflegerischer Einrichtungen auf. In ländlichen Kreise ohne städtische Zentren in der näheren Umgebung müssten die Menschen im Durchschnitt die weitesten Wege zur nächsten Gesundheits- und Pflegeeinrichtung auf sich nehmen. In dünn besiedelten Kreisen sei die Fahrzeit mit 10,1 Minuten fast doppelt so lang wie in den Großstädten.
Die Autoren nahmen zudem die Feinstaubbelastung sowie die Belastung mit Stickstoffdioxid unter die Lupe. Bei der Datenanalyse zeigte sich, dass im Jahr 2022 insbesondere in den ostdeutschen Ländern, in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens, im Westen Niedersachsens sowie in Teilen Bayerns die Feinstaubbelastung hoch war. Geringe Werte zeigten dagegen weite Teile von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und Schleswig-Holstein.
Was die Sterblichkeit betrifft, zeigten sich laut Bericht hohe Werte im Ruhrgebiet, in Wilhelmshaven sowie in Teilen Sachsen-Anhalts und Thüringens. Ursachen dafür sehen die Autoren unter anderem in der Luftverschmutzung, Verkehrssituation sowie als Folge der Corona-Pandemie.
Die Arzneimittelversorgung sowie die Dichte der Apotheken spielen im Bericht keine Rolle. Die Verfasser führen allerdings geplante und verabschiedete Gesetze auf, mit denen die Bundesregierung die Gesundheitsversorgung verbessern will. Demnach biete die Digitalisierung laut Bericht »große Potenziale, etwa durch den Ausbau und die bessere Integration telemedizinischer Leistungen«. Im Zusammenhang mit dem im März in Kraft getretenen Digital-Gesetz erwähnen die Autoren auch die Apotheken. Mit dem Gesetz setze die Regierung Ziele aus der Digitalisierungsstrategie um. So werde damit unter anderem die Möglichkeit der assistierten Telemedizin in Apotheken eingeführt, heißt es.