In Schweizer Apotheken fehlen Fachkräfte |
Vor allem in ländlichen Regionen in der Schweiz fehlt Fachpersonal in den Apotheken. Der Schweizerische Apothekerverband Pharma Suisse will daher junge Menschen für den Beruf begeistern. / Foto: Adobe Stock/Muhammad
Nach Angaben des Schweizerischen Apothekerverbands Pharma Suisse arbeiten in den 1844 öffentlichen Schweizer Apotheken derzeit etwa 22.700 Menschen. Darunter sind mehr als 10.000 Pharma-Assistenten, 5753 Apothekerinnen und Apotheker, 3135 Lernende sowie 240 Praktikanten. Dem Verband zufolge beschäftigt jede öffentliche Apotheke im Schnitt 12 Menschen. Die Zahl der Apotheken ist in den vergangenen Jahren im Verhältnis zur wachsenden Bevölkerung leicht zurückgegangen. Kamen im Jahr 2010 auf 100.000 Einwohner noch 22 Apotheken, waren es im Jahr 2020 nur noch 21. Zum Vergleich: Der europäische Durchschnitt liegt bei 32 Apotheken pro 100.000 Einwohner.
Zwar hat sich die Zahl der Beschäftigten in Schweizer Offizinen in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um etwa 500 erhöht. Dennoch stuft Pharma Suisse »den Fachkräftemangel als akut ein«, wie der Schweizerische Apothekerverband auf Nachfrage der PZ mitteilte. Der Mangel an Fachkräften sei dabei regional sehr unterschiedlich. Über genaue Zahlen, wie viele Fachkräfte in den verschiedenen Regionen fehlen, verfügt Pharma Suisse jedoch nach eigenen Angaben nicht.
Die Gründe für den Fachkräftemangel sind laut Pharma Suisse vielschichtig. Zum einen spielten gesellschaftliche Veränderungen eine Rolle. Beispielsweise arbeiteten mittlerweile mehr Beschäftigte in Teilzeit. Im Gegenzug habe sich die Zahl der Vollzeitstellen von 2017 bis 2020 um 20 Prozent verringert. Aber auch längere Öffnungs- und damit Arbeitszeiten verschärfen demnach den Personalmangel. »Wir haben zudem zu wenige Fachkräfte ausgebildet, um die Rentner zu ersetzen«, nannte der Verband gegenüber der PZ einen weiteren Grund für den Personalmangel. Dass Pharmazeuten in die Industrie oder in Klinikapotheken abwanderten, habe der Verband bisher nicht festgestellt.
Laut Pharma Suisse fehlen in den öffentlichen Apotheken in der Schweiz vor allem Apothekerinnen und Apotheker mit einer Bewilligung zur selbstständigen Berufsausübung. Das erschwere es den Teams, die Öffnungszeiten in den Offizinen abzudecken und verschärfe insbesondere in ländlichen Regionen den Personalmangel, kritisiert der Verband. Für die wenigen Pharmazeuten mit Bewilligung steige die Arbeitslast ständig und führte während der Covid-19-Pandemie zu einer extremen Zusatzbelastung.
Hintergrund ist, dass in der Schweiz nur Apotheker mit einer kantonalen Berufsausübungsbewilligung (BAB) Leistungen zulasten der Krankenpflegeversicherung erbringen dürfen. Um die BAB zu erhalten, müssen sie seit Januar 2018 zusätzlich einen eidgenössischen Weiterbildungstitel erwerben. Dadurch können Apotheker aus dem Ausland und neu diplomierte Apotheker mit begonnener Weiterbildung die Kollegen mit einer solchen Bewilligung nicht mehr vertreten. In der Folge steht nicht genügend Personal zur Verfügung, um die längeren Öffnungszeiten abzudecken, warnte der Verband.
Um das zu ändern, fordert der Verband in einem Positionspapier, dass diplomierte Apothekerinnen und Apotheker ohne Bewilligung, jedoch mit mehrjähriger Erfahrung, das Recht haben sollten, die verantwortliche Apothekerin oder den verantwortlichen Apotheker mehrere Stunden pro Woche oder in bestimmten Perioden des Jahres zu vertreten. Das Gleiche solle für neu diplomierte Apotheker gelten, die gerade die Weiterbildung zum Fachapotheker absolvierten. Weiterhin fordert der Verband, dass auch ausländische Pharmazeuten mit anerkanntem Diplom und mehrjähriger Berufserfahrung die gleichen Rechte wie Schweizer Apotheker ohne Weiterbildungstitel haben sollten. Wenn sie die eidgenössische Weiterbildung in Offizinpharmazie absolvierten, sollten sie wie Apotheker mit Schweizer Abschluss behandelt werden, sofern sie über adäquate Sprachkenntnisse verfügen, so Pharma Suisse.
Um Fachkräfte zu gewinnen, hat der Schweizerische Apothekerverband im November zudem eine Kampagne zur Nachwuchsgewinnung gestartet. Die mehrjährige Kampagne mit dem Motto »Choose your impact« setzt laut Pharma Suisse insbesondere bei Schülern und Studierenden an. Ziel sei vor allem, junge Menschen für die Apothekenberufe zu begeistern. Weiterhin ziele die Kampagne darauf ab, den Nachwuchs auf dem Weg zum Abschluss enger zu begleiten sowie ausgebildete Fachkräfte im Beruf zu halten. Gezielt Fachkräfte in Deutschland oder im deutschsprachigen Ausland oder aus anderen europäischen Ländern anzuwerben, ist nicht die Intention der Kampagne, hieß es auf Nachfrage der PZ. Teil der Kampagne ist eine neue Website, auf der sich Jugendliche unter anderem in Videos über die Apothekenberufe informieren können. Außerdem erzählen Influencerinnen und junge Pharmazeuten, warum sie sich für den Apothekenberuf entschieden haben.
Auch in Deutschland bleiben viele Stellen in Apotheken unbesetzt. Viele junge Apotheker zieht es in die Industrie und in Klinikapotheken, so dass die Vor-Ort-Apotheken das Nachsehen haben. Gleichzeitig steigt das Durchschnittsalter der Inhaber und angestellten Approbierten in den Offizinen. Die ABDA prognostiziert daher bis zum Jahr 2029 eine mögliche Personallücke von bis zu 10.000 Fachkräften.