Impfantwort bei Kaiserschnitt-Kindern beeinträchtigt |
Annette Rößler |
16.05.2024 18:00 Uhr |
Wenn ein Kind per Kaiserschnitt auf die Welt kommt, hat das Einfluss auf sein Darmmikrobiom und darüber auch auf seine Immunreaktionen. / Foto: Adobe Stock/Iryna
Wenn Kinder vaginal entbunden werden, kommen sie unter der Geburt in Kontakt mit dem Scheidenmikrobiom der Mutter. Dies wird als wichtiger Impulsgeber für die Entwicklung des kindlichen Darmmikrobioms angesehen und damit in Zusammenhang stehend auch der Reifung des Immunsystems. Kaiserschnitt-Kindern fehlt dieser Kontakt, wodurch ihr Immunsystem in den ersten Lebensmonaten unter Umständen weniger leistungsfähig ist.
Dass das die Immunantwort auf die erste Masernimpfung schmälert, wenn diese relativ früh gegeben wird, legt eine Arbeit nahe, die aktuell im Fachjournal »Nature Microbiology« erschienen ist. Forschende um Professor Dr. Wei Wang von der Fudan University in Shanghai nutzten die serologischen Daten von insgesamt 1505 Kindern im Alter zwischen null und zwölf Jahren, um den Verlauf der Antikörpertiter gegen das Masernvirus nachzuvollziehen und gleichzeitig festzustellen, welche Faktoren aufseiten der Mutter beziehungsweise des Kindes die Höhe der Titer beeinflussen. Dabei stellten sie fest, dass von den Kindern, die per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen waren, 12 Prozent nach der ersten Masernimpfung keine adäquate Immunreaktion zeigten: Der resultierende Antikörpertiter war so niedrig, dass er die Kinder nicht vor einer Infektion schützte. Von den vaginal entbundenen Kindern traf dies lediglich auf 5 Prozent zu (Unterschied Faktor 2,56). Die zweite Masernimpfung führte dann jedoch auch bei Kaiserschnitt-Kindern zu einer angemessenen Immunantwort.
Wie die Autoren schreiben, sei ihre Studie nicht die erste, die ein unzureichendes Ansprechen auf Impfungen bei Kaiserschnitt-Kindern zeigt. Ähnliches habe bereits für einen Pneumokokken/Meningokokken-Konjugatimpfstoff sowie für einen inaktivierten Hepatitis-B-Impfstoff gezeigt werden können. Die Forschenden mutmaßen, dass es im konkreten Fall der ersten Masernimpfung auch eine Rolle spielt, dass diese in China besonders früh gegeben wird. Das chinesische Impfschema sieht die erste Masernimpfung im Alter von acht Monaten vor und die zweite im Alter von 18 Monaten. Zum Vergleich: In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Grundimmunisierungen gegen Masern im Alter von 11 und 15 Monaten.
Die hier aufgezeigte Problematik könnte dazu beitragen, dass in China Durchbruchinfektionen mit dem Masernvirus relativ häufig vorkommen. Laut der Publikation war zwischen 2013 und 2019 ein Drittel der Masernpatienten in China geimpft. Die Art der Entbindung könnte dabei sehr wohl eine Rolle gespielt haben, denn auch in China werden mittlerweile sehr viele Kinder per Kaiserschnitt entbunden (aktuell 36,7 Prozent).