Immer mehr gefälschte Corona-Impfausweise |
Die Zahl der gefälschten Impfausweise ist in den letzten Tagen bundesweit sprunghaft gestiegen. / Foto: Fotolia/Barbara Pheby
Ohne Impfung mehr Freiheiten im Alltag: Um die Vorteile eines Impfnachweises zu erhalten, ohne selbst geimpft zu sein, gehen immer mehr Menschen den illegalen Weg. Sie versuchen mit gefälschten Impfnachweisen in Apotheken ein Impfzertifikat zu erschleichen. In München ist der Polizei nun ein größerer Schlag gegen Fälscher gelungen: Polizisten haben eine Betrügerbande dingfest gemacht, die Hunderte gefälschte QR-Codes für den digitalen Corona-Impfausweis hergestellt und im Internet verkauft haben soll. Sie fanden bei der Aktion am vergangenen Freitag Geld und Kryptowährungen von fast 100 000 Euro, zwei Personen wurden verhaftet. Doch das Problem dürfte damit kaum gelöst sein. Denn Bayerns Polizei registriert immer mehr Impfausweise mit gefälschten Corona-Zertifikaten.
»Wir gehen davon aus, dass immer mehr gefälschte Impfausweise im Umlauf sind«, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in München. Unabhängig von dem Schlag gegen
die Fälscherbande vom Freitag hat die Bayerische Polizei demnach 440 Fälle registriert, die im Zusammenhang mit der Fälschung von Impfpässen, Impfzertifikaten oder Impfstoffetiketten stehen. Anfang
September waren es gerade erst 110 Fälle gewesen.
Gefälschte Impfausweise sind ein bundesweites Problem. Seitdem es Ungeimpfte im Alltag deutlich schwerer haben, etwa bei Besuchen in Restaurants oder Theatern, haben die Corona-Zertifikate an Wert gewonnen, da sie die ansonsten für viele Menschen kostenpflichtigen Tests meist überflüssig machen. Die Ministerpräsidentenkonferenz forderte den Bund am Freitag per Beschluss auf, kurzfristig zu prüfen, wie die Fälschung von Impf-, Genesenen- und Testbescheinigungen lückenlos und angemessen bestraft werden kann.
Im Münchner Fall waren eine Apotheke und Privatwohnungen durchsucht worden. Seit Mitte August sollen die Betrüger Fake-Codes auf einem deutschsprachigen Cybercrime-Forum im Internet angeboten haben, wie die zuständigen Ermittler der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) mitteilten. 350 Euro musste man demnach zuletzt dafür hinlegen, um einen digitalen Impfausweis zu bekommen - ohne gegen das Coronavirus geimpft worden zu sein. Allein im Oktober sollen die Fälscher mehr als 500 Impfzertifikate ausgestellt haben. Sie sollen die IT-Infrastruktur der Münchner Apotheke genutzt haben. Eine Apothekenmitarbeiterin und ein Komplize kamen in Untersuchungshaft. Der Apotheker selbst sei nicht beschuldigt, betonten die Ermittler.
Hunderte Menschen dürften sich allein bei den am Freitag in München dingfest gemachten Betrügern falsche digitale Impfausweise besorgt haben. Laut dem bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg angesiedelten ZKG ist es aber nicht möglich, ihre Namen zu ermitteln. Unklar ist, ob ihre gefälschten Impfausweise gelöscht oder ungültig gemacht werden können. Gefälschte Impfausweise können Straftatbestände wie Urkundenfälschung erfüllen. Wer sie in Verkehr bringt oder nutzt, macht sich strafbar, in der Folge sind sogar Freiheitsstrafen möglich.
Ob ein Impfausweis echt ist oder gefälscht, ist für Apotheken in der Regel schwer nachprüfbar. Das Hauptproblem bei der Ausstellung von digitalen Impfzertifikaten sei, dass Impfausweise nicht fälschungssicher sind, betonte der stellvertretende Geschäftsführer des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg (LAV), Frank Eickmann, gegenüber dpa.
»Es gibt keine Sicherheitsmerkmale wie ein Wasserzeichen«, sagte Eickmann. Außerdem würden die Daten nicht aktualisiert: Wenn jemand heirate oder umziehe, könnten sich die Angaben auf dem Impfbuch von
denen auf dem ebenfalls vorzuzeigenden Personalausweis unterscheiden. »Was bleibt, ist, dass die Apotheken nach bestem Wissen und Gewissen prüfen«, so der LAV-Sprecher. Dabei würden Stempel von Hausarztpraxen genau so unter die Lupe genommen wie Chargen-Nummern der Impfstoffe. »Es ist auch nicht ganz selten, dass in Impfausweisen kein einziger Eintrag außer zwei Corona-Impfungen enthalten ist.« Dann werde das Dokument ebenfalls genauer geprüft. »Am Ende haben wir aber keine endgültige Fälschungssicherheit«, sagte Eickmann.
Einige Anbieter hatten auch versucht, digitale Covid-19-Impfzertifikate per Videosprechstunde auszustellen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hatte zuletzt davor gewarnt und dieses Prozedere für strafbar erklärt.