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Treuhand-Faktenblatt

Immer mehr Apotheken rutschen in Verlustzone

Die Treuhand Hannover hat ein Faktenblatt zur wirtschaftlichen Situation der Apotheken erstellt. Im Gegensatz zum Bundesgesundheitsministerium geht die Steuerberatungsgesellschaft nicht von einer entspannten Einkommenslage der Betriebe aus. Bundesgesundheitsminister Lauterbach sieht indes nach wie vor keinen Spielraum für höhere Honorare.
Cornelia Dölger
13.06.2023  18:00 Uhr

Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Apotheken-Protesttags rückt die wirtschaftliche Situation der Apotheken in Deutschland in den Fokus; immerhin wollen die Apotheken an diesem Mittwoch unter anderem auch für ein höheres Honorar demonstrieren. Zur wirtschaftlichen Situation der Apotheken hatte sich bereits vergangene Woche das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in einem »Factsheet« geäußert und den Apotheken darin eine insgesamt gute Einkommenssituation bescheinigt. Es bestehe also kein politischer Handlungsbedarf.

Am heutigen Montag legte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach und ließ verlauten, dass er zwar Verständnis dafür habe, dass die Apotheken auf ihre Honorarwünsche und auf andere Probleme hinwiesen. Allerdings sehe er angesichts der prekären Finanzlage der Kassen keinen Spielraum dafür. »Ich verstehe, dass die Apotheken gerne eine Honorarerhöhung hätten, aber in Ermangelung von Steuermitteln und bei steigenden Beitragssätzen haben wir im Moment leider die Spielräume nicht dafür«, zitiert die Nachrichtenagentur dpa den Minister.

Das Faktenblatt zur wirtschaftlichen Lage der Apotheken, das Lauterbachs Haus kürzlich herausgegeben hatte, hatte die ABDA scharf kritisiert. Sie monierte unter anderem, dass das BMG in seiner Analyse etwa Umsätze mit Erträgen verwechsle. Zudem greife das permanent wiederholte Argument der Mehrumsätze der Apotheken während der Pandemie nicht, weil dabei die gestiegenen Kosten für die Apotheken unter den Tisch fielen. Es sei »traurig«, dass gerade das BMG diese Fakten unterschlage, kritisiere ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening.

Höhere Umsätze bedeuten nicht unbedingt ein höheres Einkommen

Nun gibt es ein weiteres Faktenblatt zur wirtschaftlichen Lage der Apotheken. Es stammt von der Treuhand Hannover und kommt zu anderen Erkenntnissen als das BMG. So betont die Steuerberatungsgesellschaft zum Beispiel, dass die Umsätze in den Apotheken zwar gestiegen sein mögen, dies aber nicht automatisch zu einem höheren Einkommen führte.

Wie viel Ertrag vom Umsatz bleibe, hänge vom Wareneinsatz und den Betriebskosten ab, erklärt die Treuhand. Die Verordnungen hochpreisiger Arzneimittel und ihr Anteil am Umsatz (für die GKV in 2022 etwa 45 Prozent Anteil) stiegen demnach stetig. Auch die die Betriebskosten erhöhten sich: für das Jahr 2022 um 8 Prozent, vor allem durch gestiegene Personalkosten. »Steigen die Betriebskosten stärker als der Umsatz, fällt der Ertrag.« Nach Abzug des Wareneinsatzes und der Kosten bleiben demnach derzeit von jedem eingenommenen Euro etwa fünf Cent Gewinn vor Steuern, rechnet die Treuhand vor.

Seit Jahren sei zudem die Umsatzrendite, also der prozentuale Ertragsanteil vom Umsatz, in den Apotheken rückläufig, heißt es weiter. Die pandemiebedingten Sonderträge in 2020/21 seien dabei ausgeklammert. »Das Betriebsergebnis betrug im Jahr 2022 im Durchschnitt nur noch knapp 5,1 Prozent. Vier von zehn Apotheken erzielten 2022 nur noch eine Umsatzrendite unterhalb von 4 Prozent.«

Zudem verliere die Selbstständigkeit an Attraktivität, weil der Eigentümer bei einer Übernahme im Verhältnis immer mehr investieren, organisieren und ins Risiko gehen müsse. »Das macht die Übernahme von Apotheken mehr und mehr unattraktiv und führt zu Schließungen.«

Viele Inhaber verdienen weniger als Angestellte

Als dritten Fakt führt die Treuhand das überschaubare Betriebsergebnis vieler Apotheken an. Inzwischen erreiche ein Drittel der Apotheken nicht einmal mehr die Hälfte des durchschnittlichen Ertrags. Damit bleibe ihnen »im besten Fall das Einkommen eines angestellten Apothekers. In immer mehr Fällen: nichts«. Die Zahl der Betriebe in der Verlustzone sei mit über 13 Prozent Anteil »eklatant hoch«. Rund 1150 Apotheken hätten zwischen 2020 und Mai 2023 schließen müssen, »die Schließungsdynamik nimmt zu«.

Viertens seien die Apotheken von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Denn zwar stieg demnach die Apothekenvergütung je verordneter GKV-Packung um 21,4 Prozent gegenüber 2004. Ungleich stärker wuchsen aber zum Beispiel Inflationsrate, Apotheken-Tariflöhne, Bruttoinlandsprodukt und GKV-Einnahmen. Das packungsbezogene Fixhonorar wurde seit der Umstellung der Arzneimittelpreisverordnung 2004 bekanntlich kaum verändert. Es wurde nur einmal angehoben: von 8,10 Euro auf 8,35 Euro.

GKV-Versorgung ist sogar oft ein Zuschussgeschäft

Nach Treuhand-Berechnungen ist die Versorgung gesetzlich Versicherter für viele Apotheken ein Zuschussgeschäft. Demnach ist der Stückertrag in der Versorgung von GKV-Versicherten seit 2020 negativ. Er sei seither von -0,07 Euro über -0,15 Euro auf -0,27 Euro im Jahr 2022 gesunken. »Die Apotheke zahlt also statistisch bei jeder Packung auf GKV-Rezept drauf.«

Dies ergebe sich aus einem Abgleich der für diese Versorgung anfallenden Betriebskosten und der hierfür erzielten Vergütung nach der Arzneimittelpreisverordnung. Die Verluste je abgegebener Packung müsse die Apotheke durch Einkaufsvorteile und Erträge aus Zusatzverkäufen in anderen Segmenten ausgleichen.

Und auch wenn steigende Arzneimittelpreise über den Drei-Prozent-Zuschlag zu höheren Apothekeneinnahmen führten – dies reiche »bei Weitem« nicht aus, um die negativen Stückerträge zu drehen. Denn gleichzeitig stiegen Finanzierungskosten, Retaxationsrisiken sowie umsatzvariable Kosten deutlich, betont die Treuhand. Da die Betriebskosten trotz aller individuellen Maßnahmen weiter stiegen, komme als Lösung nur infrage, das Apothekenhonorar anzupassen, so das Fazit der Treuhand.

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