Immer mehr Ärzte aber immer weniger Zeit |
Bei den Hausarztpraxen als wichtigen ersten Anlaufstellen hat sich die Lage etwas stabilisiert. Schon Ende 2023 war erstmals seit längerem kein Rückgang mehr verzeichnet worden. Mit Stand Ende 2024 stieg die Zahl der Hausärzte um 308 auf 55.435 und die Zahl der vollen Sitze um 47 auf 51.437. Allerdings hatte es zehn Jahre zuvor noch 551 volle Hausarztsitze mehr gegeben.
Außerdem zeichnet sich seit längerem eine Ruhestandswelle ab, und das heißt vor allem auf dem Land: Praxisnachfolge dringend gesucht. Der Altersschnitt bei Hausärzten liegt mit 55,1 Jahren etwas über dem aller Ärzte (54,5 Jahre).
Vor allem im Westen der Republik ist der Handlungsbedarf dringlicher: So sind in Rheinland-Pfalz 21,3 Prozent der Hausärzte über 65 Jahre alt, in der Region Westfalen-Lippe 19,2 Prozent und im Saarland 18,8 Prozent – in Mecklenburg-Vorpommern dagegen nur 8,3 Prozent und in Sachsen 9,7 Prozent.
Frauen sind in den Praxen weiter auf dem Vormarsch. Psychotherapeutinnen und Ärztinnen kommen zusammen auf 52,4 Prozent, nachdem sie 2022 die 50-Prozent-Marke überschritten hatten. Betrachtet man nur Ärztinnen, stieg ihr Anteil auf 46,7 Prozent.
Dabei gilt: Je jünger, desto weiblicher. Bis zur Schwelle von 39 Jahren haben Ärztinnen einen Anteil von 57,2 Prozent und zwischen 40 und 49 Jahren von 55,6 Prozent. Über 65 Jahre gibt es noch mehr als 70 Prozent männliche Ärzte.
Regional betrachtet ist der Anteil der Ärztinnen und Psychotherapeutinnen in den östlichen Bundesländern höher – sie sind dort überall in der Mehrheit. Am höchsten ist der Frauenanteil im Land Berlin mit 59,7 Prozent.
Kassenärzte-Chef Gassen forderte angesichts der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD: »Die nächste Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, inwiefern sie die inhabergeführte Praxis wieder attraktiver macht.«
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte auf den letzten Metern noch ein Gesetz ins Ziel gebracht, das Hausärzten finanzielle Anreize bringt.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, es mangele keinesfalls an ambulant arbeitenden Ärztinnen und Ärzten. »Was jedoch grundsätzlich fehlt, ist eine bedarfsgerechte Steuerung der medizinischen Niederlassungen«, sagte Vorstand Eugen Brysch. Darunter leide der ländliche Raum. Nötig sei auch, die »Rosinenpickerei« in lukrativen, überversorgten Gebieten endlich zu beenden.
In den Koalitionsverhandlungen, bei denen Lauterbach dabei ist, stehen viele Klärungen an. Denn im schwarz-roten Sondierungspapier als Grundlage heißt es nur allgemein: »Die Gesundheitsversorgung muss für alle gesichert bleiben.«