Immer die gleichen Themen |
Annette Rößler |
04.04.2023 14:30 Uhr |
Die Berliner Kammerpräsidentin Dr. Kerstin Kemmritz (links) mit Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, in dessen Räumlichkeiten die Delegiertenversammlung dieses Mal stattfand. / Foto: AK Berlin
Drängendstes Problem im Apothekenalltag sind momentan aber die Lieferengpässe. »Sie beschäftigen uns alle an allen Ecken und Enden«, sagte Dr. Kerstin Kemmritz, Präsidentin der Apothekerkammer Berlin, bei deren Delegiertenversammlung. Eine Möglichkeit, die Versorgung etwa mit Paracetamol- oder Ibuprofen-haltigen Fiebersäften für Kinder trotz des Engpasses sicherzustellen, ist die Herstellung in der Apotheke. Dabei galt die Bedingung der »häufigen Verordnung« für eine defekturmäßige Herstellung zunächst aber als nicht erfüllt, sodass jeder einzelne Saft als Rezeptur herzustellen war.
»Jetzt setzt sich nach und nach die Einschätzung durch, dass diese Bedingung für alle Arzneimittel, die auf der Engpassliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stehen, als erfüllt angesehen werden kann«, informierte Kemmritz. Für die herstellenden Apotheken sei das zwar eine Erleichterung. Es zeige aber auch, »dass wir anfangen, uns auf die Engpässe einzustellen und Work-Arounds zu bilden«, so Kemmritz. »Es wäre hilfreicher, das Übel an der Wurzel zu packen. Aber da gibt es keine schnelle Lösung. Der Stein der Weisen ist noch nicht gefunden.«
Eine Erleichterung im Umgang mit den Lieferengpässen sind die erweiterten Austauschfreiheiten, die den Apotheken im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie eingeräumt wurden. Diese sollten bekanntlich bald auslaufen, bevor ihre Verstetigung teilweise in das geplante Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) aufgenommen wurde. »Das, was im ALBVVG steht, ist aber viel zu wenig«, bemängelte Kemmritz. Da bislang nur ein Gesetzentwurf vorliege, bestehe noch Hoffnung, dass das Bundesministerium für Gesundheit noch nachbessere.
Die Apotheker empfinden etwa die geplante Aufwandsentschädigung in Höhe von 50 Cent pro Fall, die eine Apotheke für das Management von Lieferengpässen laut dem Gesetzesentwurf erhalten soll, als unzureichend. »Das reicht hinten und vorne nicht und stellt eine massive Geringschätzung unserer Arbeit dar«, stellte Kemmritz klar. »Selbst für den Fall, dass die 50 Cent auf 1 Euro verdoppelt würden, besteht noch eine Differenz von 20 Euro zu den tatsächlichen Aufwänden, die wir in den Apotheken haben, um irgendwie mit den Lieferengpässen klarzukommen.«
Dass auch andere Heilberufe mit den politischen Rahmenbedingungen kämpfen, habe sich zuletzt bei der Übergabe der Protestaktion der sogenannten letzten Kittel gezeigt. Das gemeinsame Thema seien fehlende Honorarerhöhungen, die eigentlich Honoraranpassungen heißen müssten. So habe es etwa beim Apothekenhonorar seit 2004 praktisch keine nennenswerten Anpassungen mehr gegeben. Überall im Gesundheitswesen werde zudem die Bürokratie immer mehr statt weniger.
Ein zu hoher bürokratischer Aufwand könnte auch ein Grund dafür sein, der Apotheken momentan noch davon abhält, die pharmazeutischen Dienstleistungen anzubieten. »Die Dienstleistungen müssen für Apotheken machbar sein«, betonte Kemmritz. Auch in diesem Zusammenhang gehe es wieder um Personalmangel, Bürokratie und Honorierung – »Man sieht: Es sind immer die gleichen Themen, die uns beschäftigen«, so die Kammerpräsidentin.
Abgesehen von den Themen, die berufspolitisch die Bundesebene betrafen, gab es aber auch eine Nachricht mit direkter Relevanz für die Delegiertenversammlung: Kemmritz gab bekannt, dass Dr. Rainer Bienfait seinen Rücktritt aus der Delegiertenversammlung erklärt habe. »Wir danken Herrn Bienfait für jahrzehntelange hervorragende Arbeit im Ehrenamt«, sagte Kemmritz. Seinen Platz in der Delegiertenversammlung übernimmt nun Konstantin Lamboy.