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Drogen in der Musik

Im kreativen Rausch

Berauschende Substanzen und Drogen sind seit vielen Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Themenwelt in der populären Unterhaltungsmusik. Die beliebtesten Musikstücke stehen regelmäßig auch im Fokus von Untersuchungen, die zeigen: Der Anteil drogenrelevanter Inhalte ist seit den 1960er-Jahren kontinuierlich gestiegen.
PZ
16.06.2022  16:30 Uhr

Klassiker aus der »Sex, Drugs and  Rock’n’Roll«-Zeit hat sicher jeder schon einmal gehört. »Cocaine« von JJ Cale – wenig später gecovert von Eric Clapton – hat man sofort im Ohr. Auch »Heroin« von Velvet Underground, »Bad Medicine« von Bon Jovi oder »Sister Morphine« von Marianne Faithfull und den Rolling Stones begeisterten ein weltweites Publikum.

Auffällig viele Musikstücke haben einen Bezug zu Pharmazie und Arzneimitteln oder sogar zur Apotheke. Kein Wunder, ist doch die Apothekerschaft nicht nur der Berufsstand, der sich mit Drogen am besten auskennt, auch war beispielsweise das Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte Heroin zunächst ein Arzneimittel, das völlig legal in Apotheken erworben werden konnte. Als sich der Verkauf auf den Schwarzmarkt verlagerte, drängte das viele Konsumenten in die Kriminalität. Vor allem in den USA wurde Drogenabhängigkeit mit Härte verfolgt. Ein prominentes Opfer dieser Politik wurde die weltberühmte Jazzsängerin Billie Holiday, die wegen Drogenbesitzes mit einem Auftrittsverbot belegt wurde, unter dem sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1959 litt.

Genreabhängig

In Songtexten geht es häufig um die Beschaffung der Drogen, die Anwendung von Suchtstoffen oder den Arzneimittelmissbrauch und die Vision vom nächsten Rausch. Alkohol und Marihuana werden mit Abstand am häufigsten besungen, gefolgt von Opiaten und anderen Arzneistoffen mit Missbrauchspotenzial.

Bestimmte Drogen werden häufig mit populären Musikgenres assoziiert. Alkohol kommt – von Party-Schlagern einmal abgesehen – in der Country- und Westernmusik am häufigsten vor, Heroin und Morphin im Jazz. Cannabis wird mit Reggea in Verbindung gebracht und in Kombination mit Halluzinogenen mit der Musik der Woodstock-Generation. Die durch Amphetamine ausgelöste Energie fand ihren Niederschlag in der Punk-Revolution und den Soul-beeinflussten Bands der 1960er- und 70er-Jahre.

Benzodiazepine wurden in den 1960er-Jahren ursprünglich zur Linderung von Angstzuständen, Stress und Schlaflosigkeit in den Arzneischatz eingeführt – und der erste Song zum Thema ließ nicht lange auf sich warten. Die Rolling Stones setzten der »kleinen gelben Pille« Valium in ihrem gesellschaftskritischen Hit »Mother’s Little Helper« ein musikalisches Denkmal. Seither ist der Titel eine populäre Umschreibung für Tranquilizer aller Art.

Mit den Stilrichtungen Hip-Hop, Rap und Metal haben Liedtexte zum Substanzmissbrauch einen neuen Höhepunkt erreicht. Darin spiegelt sich auch die in den 1990er-Jahren beginnende Opioidkrise in den USA wider, der noch heute täglich mehr als 100 Menschen durch eine Überdosis von Schmerzmitteln zum Opfer fallen. Arzneimittel wie Oxycontin finden vielfachen Niederschlag in den Songtexten.

Künstler im Höhenflug

Die Musik- und Textanalyse quer durch alle Genres zeigt, dass viele Künstler in den Songs ihre persönlichen Erfahrungen mit der missbräuchlichen Anwendung von potenten Arzneistoffen und weiteren Rauschmitteln verarbeiten. Dabei werden neben der kreativitätsfördernden Wirkung auch die Schattenseiten nicht ausgespart. Die Liste der drogen- und alkoholabhängigen Musiker ist lang, Künstler und Künstlerinnen wie Kurt Cobain, Elvis Presley, Whitney Houston und Amy Winehouse verloren unter tragischen Umständen ihr Leben an die Sucht. Letztere hatte sogar in ihrem Song »Rehab« thematisiert, dass sie Hilfsangebote ablehnt.

»They tried to make me go to Rehab. But I said no, no, no.«
Amy Winehouse: Rehab

Bob Marley, einer der einflussreichsten Reggea-Musiker aller Zeiten, starb viel zu früh mit 36 Jahren – jedoch an Krebs. Obwohl auch er einem Joint nicht abgeneigt war, war er kein klassischer Kiffer. Er rauchte Marihuana beziehungsweise Gras vor allem, um zu meditieren, und wurde zu einer Ikone des Cannabiskonsums.

Licht und Schatten

Bei Drogen- und alkoholbezogener Musik sind Songs, die den Konsum zelebrieren oder positiv kommentieren, deutlich in der Mehrheit, zum Beispiel »Red Red Wine« von Neil Diamond oder »Because I got High« von Afroman. Das vermeintlich gute »High«-Gefühl wird dabei viel häufiger besungen als die Kehrseite einer Suchterkrankung oder die Sehnsucht nach Abstinenz. Nach einer wissenschaftlichen Untersuchung, basierend auf einer Liste des Billboard Magazins des Jahres 2005, waren es nur vier von 279 Titeln.

»Die Nobelszene träumt von Kokain. Und auf dem Schulklo riecht’s nach Gras. Der Apotheker nimmt Valium und Speed. Und wenn es dunkel wird, greifen sie zum Glas.«
Herbert Grönemeyer: Alkohol

Auch im deutschsprachigen Raum finden sich zahlreiche Beispiele. Juliane Werding beschrieb 1973 in ihrem Lied »Am Tag, als Conny Kramer starb« eindringlich die tragische Abwärtsspirale eines Drogenmissbrauchs. Herbert Grönemeyer machte in seinem Hit »Alkohol« (1984) auf ein Problem aufmerksam, das sich durch alle gesellschaftlichen Gruppen zieht.

Sprach-Codes

Drogen werden in den Songtexten mal mehr mal weniger klar beim Namen genannt, in den meisten Fällen werden umgangssprachliche Synonyme verwendet, von denen für Opioide mehr als 80, für Stimulanzien und Amphetamine mehr als 110 im englischsprachigen Raum bekannt sind. Dass es sich bei »Mary Jane« (zum Beispiel in »Sugar Man« von Rodriguez) nicht um eine angebetete Frau handelt, sondern MJ für die englische Schreibweise von Marihuana steht, dürfte sich herumgesprochen haben. Dasselbe gilt für »Mr. Tambourine Man« von Bob Dylan. Textinterpretationen sind jedoch nicht immer soeindeutig.

John Lennon bestritt beispielsweise stets einen Drogenzusammenhang bei »Lucy in the Sky with Diamonds«. Vielmehr hätte man versucht, den surrealen Schriften von Lewis Carroll und Edward Lear gerecht zu werden, beteuerten er und die anderen Beatles. Die Fangemeinde hingegen glaubt, in den Anfangsbuchstaben des Titels »LSD« zu lesen. Noch geheimnisvoller gab sich David Bowie mit selbstreferenziellen Verweisen in seinen oft rätselhaften Liedtexten. Der schillernde Verwandlungskünstler, der sich in seiner Berliner Zeit angeblich ausschließlich von Paprika, Milch und Kokain ernährte, deutet beispielsweise in »Ashes to Ashes« (1980) an, dass es sich bei dem einsamen Weltraumausflug in »Space Oddity« (1969) um einen Drogentrip handelt (»You know Major Tom is a Junkie«). In der Musik dürfte dies nicht der einzige mehrdeutige Höhenflug sein.

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