IKK will niedrigere Mehrwertsteuer auf Arzneimittel |
In ihrem Positionspapier zur Bundestagswahl sprechen sich die Innungskrankenkassen unter anderem für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf 7 Prozent aus. / © imago images/Shotshop
Nach dem Scheitern der Ampelkoalition hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt – und wie erwartet verloren. Der neue Bundestag wird nun voraussichtlich am 23. Februar gewählt.
Die meisten Parteien haben bereits ihre Wahlprogramme veröffentlicht. Auch die ABDA hat Kernpositionen formuliert. Heute haben die Innungskrankenkassen (IKK) ein Positionspapier zur Bundestagswahl veröffentlicht.
In dem Papier beklagen die IKK »verfehlte Reformen der Gesundheitspolitik in den letzten beiden Legislaturperioden«. Strukturreformen seien versäumt und finanzielle Anreize nach dem »Gießkannenprinzip« gesetzt worden. »Das deutsche Gesundheitswesen hat eine Fehlentwicklung durchlaufen, die es zu einem der teuersten Gesundheitssysteme in Europa bei vergleichsweise niedriger Lebenserwartung gemacht hat«, kritisiert der Vorstandsvorsitzende Hans-Jürgen Müller.
In der Folge stehe die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vor »historisch hohen finanziellen Belastungen«. So gehe der Schätzerkreis der GKV für 2025 von einer Finanzierungslücke in der Größenordnung von 13,8 Milliarden Euro aus und empfehle eine Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags um 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent.
Die IKK verlangen daher, das »Weiter so« zu beenden und in der anstehenden Legislaturperiode Strukturreformen anzugehen. »Es braucht ein deutliches Umdenken. Das steigende Ausgabenniveau kann nicht weiterhin durch kontinuierlich steigende Zusatzbeiträge finanziert werden«, mahnt der Vorstandsvorsitzende Hans Peter Wollseifer.
Die Politik müsse dem Gesundheitssystem eine auskömmliche und nachhaltige Finanzierungsgrundlage schaffen, damit sich die Solidargemeinschaft der Versicherten und Arbeitgeber auf die Stabilität der Beitragssätze verlassen könne. »Als Richtschnur für die Belastungsfähigkeit der Arbeitgeber gilt nach wie vor die Sozialgarantie mit der 40-Prozent-Marke. Damit auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Netto vom Brutto haben«, betont Wollseifer.
In dem Positionspapier betonen beide Vorstandschefs, dass der Staat Lösungen finden muss, die die nachhaltige Finanzierung sicherstellen und dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen Geltung verschaffen. Nur so könne eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zukünftig sichergestellt werden.
Um eine auskömmliche und nachhaltige Finanzierungsgrundlage des Gesundheitssystems zu sichern, halten die IKK unter anderem eine Dynamisierung des Bundeszuschusses für sinnvoll. Der Bund sollte sich an den Kosten der Versorgung der Bürgergeldbezieher ebenso beteiligen wie an der Finanzierung weiterer gesamtgesellschaftlicher Aufgaben.
Zudem fordern die Innungskrankenkassen, die Mehrwertsteuer auf Arznei- und Hilfsmittel von 19 auf 7 Prozent zu senken. Ausgabensteuerungsinstrumente wie die Wirtschaftlichkeitsprüfung seien zu schärfen und Ausschreibungen für die Krankenkassen nutzbar zu machen.
Aus Sicht der IKK sollte sich die Plattform- und Digitalwirtschaft an der Finanzierung der Solidargemeinschaft beteiligen. In ihrem Positionspapier fordern die IKK die neue Regierung zudem auf, über weitere Finanzierungsmodelle nachzudenken, zum Beispiel die Umwandlung von existierenden Lenkungssteuern auf Genussmittel wie Alkohol und Tabak in eine Abgabe zugunsten des Gesundheitsfonds. Des Weiteren plädieren die IKK dafür, dass bei der Weiterentwicklung der Vergütung der Leistungserbringer die Grundlohnsummenentwicklung künftig wieder stärker berücksichtigt wird.
Nach der Vorstellung der Innungskrankenkassen sollen alle gesetzlich Versicherten eine qualitativ hochwertige Versorgung erhalten. Dazu sollten sich die Akteure des Gesundheitswesens – wie ambulant tätige Ärzte, Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen, Apotheken und Gesundheitsberufe - stärker vernetzen. Konkret setzen sich die IKK auch für die Umsetzung eines Hausarzt-Modells ein. Qualitätskriterien und -sicherungsverfahren sollten laut Positionspapier sektorenübergreifend vereinheitlicht werden.
Die künftige Bundesregierung sollte aus Sicht der IKK die Digitalisierung und neue Technologien ebenso fördern wie die Entbürokratisierung und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen. Des Weiteren müssten Primär- und Sekundärprävention in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Geht es nach dem Willen der IKK, sollten die Krankenkassen künftig verstärkt das Recht erhalten die gesundheitliche Versorgung zu steuern.
Weiterhin setzen sich die IKK für eine Stärkung der Selbstverwaltung ein. »Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie sich auf das Prinzip der Selbstverwaltung besinnt und deren Verantwortung ausbaut«, betont Wollseifer. In letzter Konsequenz bedeute das auch, dass den Krankenkassen Klagerechte in Bezug auf Finanzierungszuständigkeiten eingeräumt werden müssten.
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