| Cornelia Dölger |
| 20.08.2025 14:00 Uhr |
Per Online-Fragebogen Rezepte bekommen – unter anderem für diese Praxis steht der Telemedizinanbieter Zava in der Kritik. Dass gesund.de mit ihm kooperiert und zudem Rx-Umsatzzahlen aufgehübscht haben soll, veranlasste IhreApotheken.de jetzt zu einer Abmahnung. / © Imago/Zoonar
Anlass der Abmahnung ist ein unlängst verschicktes Werbeschreiben von gesund.de an Apotheken. In dem Schreiben heißt es: »Jetzt zu gesund.de wechseln und 1793 Euro sparen«. Dieses Schreiben ist der Abmahnung zufolge Ende Juli 2025 »an eine Vielzahl von Apotheken« versendet worden. In der Broschüre werde damit geworben, dass der Rx-Außenumsatz aller bei gesund.de teilnehmenden Apotheken im zweiten Quartal 2025 gegenüber dem Vorquartal »nochmals um 19,8 Prozent auf insgesamt 100 Millionen Euro« gestiegen sei. Zudem liege der durchschnittliche Rx-Umsatz pro Apotheke um »60 Prozent höher als bei anderen Vor-Ort-Apotheken-Apps«.
Die Plattform IhreApotheken.de stößt sich daran, dass in der gesund.de-Werbung offenbar mit »aufgehübschten« Zahlen gearbeitet werde, die auf einer Kooperation mit dem Telemedizinanbieter Zava beruhten. Das Geschäftsmodell von Zava ist umstritten, es gibt dazu bereits einige Gerichtsurteile, zum Beispiel war die Zuweisung von Patienten Streitgegenstand.
Grundkritik ist aber, dass die Verschreibungen bei Zava nicht auf vorheriger ärztlicher Untersuchung beruhen, sondern auf bloßem Ausfüllen eines Fragebogens. In der Abmahnung heißt es: »Dies führt dazu, dass die gesamte Werbung, so wie sie von Zava vorgenommen wird, per se rechtswidrig ist.« IhreApotheken.de hat im Übrigen heute auch den Versender Shop Apotheke abgemahnt, weil dieser ebenfalls mit Zava kooperiert.
Die Abmahnung an gesund.de listet ausführlich Beispiele für die Verstöße des Telemedizinanbieters auf und kommt zu dem Schluss: »Diese Plattform bietet verschreibungspflichtige Arzneimittel im Wege der faktischen Selbstbedienung an.« Gesund.de befördere die rechtlichen Verstöße durch seine Kooperation mit dem Anbieter. »Ohne die zwischen Ihnen und Zava geschlossene Vereinbarung wäre es für Zava nicht möglich, damit zu werben, dass die E-Rezepte in einer von 6.500 Apotheken eingelöst werden könnten«, adressiert das Schreiben. Apotheken, die bei gesund.de angeschlossen sind, würden zu rechtlichen Verstößen verleitet.
So habe eine Testbehandlung bestätigt, dass es bei Verschreibungsabläufen und Rezeptausstellungen zu Rechtsverstößen komme, unter anderem müsse davon ausgegangen werden, dass Dokumente als Verschreibungen übermittelt werden, die nicht qualifiziert elektronisch signiert seien. Obwohl dies für die Belieferung unzulässig sei, werde dies auf der gesund.de-Seite sogar beworben. »Damit werden verschreibungspflichtige Arzneimittel entgegen § 48 AMG ohne Verschreibung abgegeben«, heißt es in der Abmahnung.
Für Joachim Reinken, Kommunikationschef bei der Noweda, die IhreApotheken.de mitbetreibt, ist das Maß voll. »Damit legt man die Axt an die Fundamente des Apothekerberufs«, so Reinken zur PZ. Mit einem regelbasierten Gesundheitswesen hätten Strukturen wie bei Zava nichts zu tun, »das ist wilder Westen«. Hinzu komme, dass viele Apotheken »gar nicht wissen, was sie da tun«.
Knackpunkt ist auch die besagte Kritik am Rx-Umsatz, mit dem gesund.de wirbt. »Der vermeintlich hohe Rx-Umsatz«, der in besagter Broschüre beworben wird, bestehe »signifikant nicht aus klassischen Verschreibungen«, vielmehr »aus einer Kooperation mit der Plattform Zava«, kritisiert das Schreiben. Reinken ergänzt, bei Zava gebe es inzwischen eine riesige Auswahl an Präparaten, »das lädt zur Selbstbedienung ein«.
Die Abmahnung kritisiert, gesund.de nutze »Dopingverschreibungen« und andere rechtswidrige Verschreibungen dazu, »um gegenüber Apotheken den Eindruck zu erwecken, Ihre Plattform würde sich durch eine besondere Leistungsfähigkeit auszeichnen«.
Die Abmahnung wurde gesund.de heute zugeleitet. Laut Reinken behält sich IhreApotheken.de weitere rechtliche Schritte vor. Zunächst werde die Reaktion der Plattform abgewartet. Gesund.de bestätigte gegenüber der PZ den Eingang der Abmahnung und ließ wissen, dass man die Vorgänge prüfe. Erst anschließend werde man sich gegebenenfalls zu den Vorwürfen äußern.