Hoos: »Vergleich ist wohl erstmal vom Tisch« |
Über die Abrechnung der Rezepte ist eine weitere Debatte entbrannt. AvP-Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos stellte eine mögliche Vergleichsstruktur im Gläubigerausschuss vor, nun ist diese Möglichkeit aber wohl erstmal vom Tisch. / Foto: Fotolia/pix4U
Vor wenigen Tagen wurde in Medienberichten die Information öffentlich bekannt, dass bei der AvP-Insolvenz bald ein möglicher Vergleich für die betroffenen Apotheken anstehen könnte. Allerdings gibt es derzeit kein solches Vergleichsangebot für die Gläubiger und damit auch nicht für die Apotheken, die von der AvP-Insolvenz betroffen sind. Dies bestätigte der Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos auf Nachfrage der PZ.
Nachdem die Diskussion über die Höhe eines möglichen Vergleichs vor allem im Apothekerlager in den vergangenen Tagen hochgekocht und vertrauliche Informationen aus einem internen Diskussionspapier an die Öffentlichkeit gelangt waren, sagte Hoos nun gegenüber der PZ: »Ein Vergleich ist wohl erstmal vom Tisch«. Demnach sieht er seine Vergleichsbemühungen gerade als sehr schwierig an.
Was war passiert? Im Rahmen des Insolvenzverfahrens hatte der Gläubigerausschuss, der auch aus Apothekenvertretern besteht, mit Hoos abgestimmt, eine »mögliche Vergleichsstruktur« im Rahmen des Ausschusses vorzustellen. Diese Vergleichsstruktur ist jedoch lediglich als Entwurf und Rechenbeispiel zu verstehen, der sich unter gewissen Annahmen noch verändert. Ziel sei es laut Hoos auch gewesen, erst einmal auszuloten, ob die Apotheken einen Vergleich grundsätzlich positiv sehen würden.
Ein Vergleich in einem Insolvenzverfahren soll dazu dienen, das gesamte Verfahren zu verkürzen. In Paragraf 213 Absatz 1 der Insolvenzordnung (InsO) heißt es: »Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn er nach Ablauf der Anmeldefrist die Zustimmung aller Insolvenzgläubiger beibringt, die Forderungen angemeldet haben.« Damit ist gemeint, dass das Verfahren erst beendet werden kann, wenn alle Gläubiger dem zustimmen. Diese Zustimmung kann in der Praxis vor allem durch ein Vergleichsangebot erzielt werden. Dieses Angebot umfasst meist eine einheitliche Vergleichsquote, die anzeigt, wie viel Prozent die Gläubiger von ihren ausstehenden Forderungen erhalten. Mit dem folgenden Rechenbeispiel kann das Prinzip des Vergleichs veranschaulicht werden: Wenn einer Apotheke eine Abschlagszahlung von 100.000 Euro fehlt, die AvP der Offizin prinzipiell schuldig geblieben ist, könnte die Apotheke bei einer Vergleichsquote von 30 Prozent 30.000 Euro in einer Sofort-Zahlung erhalten. Diese Möglichkeit des Vergleichs funktioniert aber nur, wenn eine bestimmte Mehrheit der Gläubiger den Vergleich akzeptiert. Ein Vergleich ist zudem eine außergerichtliche Einigung zwischen dem Insolvenzverwalter und den Gläubigern. Sollte kein Vergleich zustande kommen, wird die Einigung meist gerichtlich geklärt.
Kompliziert wird es nun im AvP-Fall, da die Insolvenzmasse, also das Geld, das bei AvP vorgefunden wurde, noch nicht genau feststeht. Dies liegt vor allem daran, dass noch Forderungen gegenüber den Kostenträgern, also vor allem der Krankenkassen offenstehen, sagte Hoos der PZ.
Was jedoch feststeht, sind die sogenannten Verbindlichkeiten, also die angemeldeten Forderungen der Gläubiger. Diese belaufen sich laut Hoos auf insgesamt 626 Millionen Euro. Davon haben die Offizinapotheken 345 Millionen Euro angemeldet. Die restliche Summe verteilt sich auf die Krankenhausapotheken (226 Millionen Euro), und die sonstigen Gläubiger (55 Millionen Euro). Hier werden die Krankenkassen, aber auch etwa die Banken miteinbezogen.
Was Hoos auf den AvP-Konten vorgefunden hat, sei allerdings »deutlich weniger als die 345 Millionen Euro«, die allein die Offizinapotheken einfordern. Damit liegt die Hoffnung vor allem auf dem Geld, dass die Krankenkassen noch einbehalten. Denn die Apotheken sind der Überzeugung, dass dieses Geld aufgrund etwaiger Aussonderungsrechte ihnen zusteht. Hoos argumentiert jedoch, dass das Geld der Insolvenzmasse zukommen sollte. Aus Sorge vor einer etwaigen doppelten Auszahlung behalten die Kostenträger diese Forderungen noch zurück und zahlen sie zurzeit weder an Hoos noch an die Apotheken aus.
Zu unterscheiden wie viel Geld einerseits auf den AvP-Konten liegt und andererseits noch in die Insolvenzmasse einfließen könnte, ist vor allem wichtig, um die mögliche Vergleichsquote zu verstehen, die Hoos dem Ausschuss vorstellte. Der Insolvenzverwalter hatte eine Vergleichsquote von etwa 10 Prozent in seinem Rechenbeispiel ermittelt, allerdings nur auf Basis der vorgefundenen Kontobestände. Diese mögliche Vergleichsstruktur habe zudem auch einen weiteren Quotenbestandteil beinhaltet, die sich auf die noch nicht ausbezahlten Forderungen der Kostenträger bezogen hatte. Die Höhe dieser Quote möchte Hoos nicht öffentlich äußern.
Allerdings betonte Hoos, dass wenn es zu einem Vergleich kommen würde, könnte es nach der ersten Ausschüttung der Quote auch nochmal eine Zahlung geben. Diese würde davon abhängig sein, wie das Insolvenzverfahren in Bezug auf die Rabattverfälle, Haftungsansprüche und die Anfechtung der Banken laufen werde. Diese möglichen Zahlungen beruhen aber »Stand heute auf einer unbekannten Größe«, so Hoos. Diese Anfechtungsansprüche prüfe er zurzeit, und werde diese voraussichtlich auch geltend machen.
Im Nachgang der Vorstellung dieser Vergleichsstruktur hatte Rechtsanwalt Morton Douglas, der einige Apotheken im Fall AvP vertritt, Medienberichten zufolge seinen Mandanten geschrieben und ihnen geraten, einen etwaigen Vergleich in dieser Höhe nicht anzunehmen. Zu dieser Sache äußerte sich Douglas gegenüber der PZ jedoch nicht.
Demnach bleibt es offen, ob und wann die Apotheken und die anderen Gläubiger von Hoos ein Angebot über einen Vergleich erhalten. Zurzeit ist diese Option eher unrealistisch. Damit ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Verfahren vor Gericht landet und die Apotheken gerichtlich versuchen werden, ihre Aussonderungsrechte rechtlich durchzusetzen. Das weitere Vorgehen in diesem Fall wird im Rahmen des nächsten Treffens des Gläubigerausschusses Ende März beraten.