Honorarfrage ist Thema im SPD-Wahlkampf |
Cornelia Dölger |
13.05.2024 16:25 Uhr |
»Es muss etwas passieren beim Apothekenhonorar«, sagte Bundesgesundheitsminister Lauterbach bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Hamm. Was genau, das ließ er offen. / Foto: IMAGO/photothek
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zieht es derzeit öfter ins Westfälische. Ende April hatte der Minister ein Bundesligaspiel des neuen Meisters Bayer Leverkusen gegen den BVB besucht und kurz vorher Apothekern und anderen Heilberuflern in Dortmund zu Gesundheitspolitik, Apothekenhonorar und -reform Rede und Antwort gestanden. In recht familiärer Atmosphäre mit drei Dutzend Teilnehmenden nahm sich der Minister zwei Stunden Zeit dafür. Bei der Gelegenheit versprach er, dass das in den Eckpunkten skizzierte dynamische Fixum mit der anstehenden Reform kommen würde.
Eine sehr viel größere Dimension hatte nun Lauterbachs jüngster öffentlicher Termin in der Region. Vor rund 500 Gästen sprach der Minister am vergangenen Montag bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung im Kurhaus in Hamm, ganz ohne Fußballkontext, aber auch diesmal ging es um aktuelle Reformvorhaben in der Gesundheitspolitik. Das Apothekenhonorar kam ebenfalls zur Sprache, wenn auch nur am Rande, wie es aus Teilnehmerkreisen hieß. Eingeladen hatte die SPD Hamm.
Aufgefallen sei, dass Lauterbach inzwischen offenbar eine andere Sichtweise auf die Probleme der Apothekenbranche habe als noch vergangenes Jahr. Er zeige mehr Verständnis.
Während der Apothekenproteste, die im Juni 2023 mit der bundesweiten Aktion ihren Anfang nahmen und sich im Herbst in vier Regionen nacheinander fortsetzten, war der Minister mit einem Post aufgefallen, den viele Apothekerinnen und Apotheker als herablassend empfanden. Lauterbach hatte am 14. Juni als Reaktion auf die protestierenden Apotheker unter seinem Bürofenster ein Foto von der Menge geschossen und es bei X gepostet.
In Hamm habe er nun mehrmals betont, dass sich bei der Apothekenvergütung etwas tun muss, zu viel sei in den vergangenen Jahren liegengeblieben. »Es muss etwas passieren beim Apothekenhonorar«, habe Lauterbach auf eine entsprechende Frage aus der Teilnehmerschaft geantwortet, berichtet der Hagener Apotheker Christian Fehske, einer der Teilnehmer. Gleichzeitig habe der Minister auf Versäumnisse der Vorgängerregierung verwiesen sowie auf einen Reformstau, den er nun abzuarbeiten habe.
Konkret wurde der Minister allerdings nicht, schon gar nicht versprach er ein höheres Honorar. Das hatte er bereits vor drei Wochen in Dortmund so gehalten, als es um das dynamische Fixum ging. Mehr Geld ins System – darauf wollte er sich nicht einlassen.
Thomas Rochell, Vorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), war auch in Hamm zu Gast und hörte sich die Diskussionsveranstaltung mit dem Titel »Wer wird uns in Zukunft versorgen?« mit Minister Lauterbach an. Eingangs gab der Minister ein Statement ab und stellte einige seiner Reformvorhaben im Gesundheitswesen vor.
Zu den Apotheken aber verlor er dabei kein Wort. Die Titelfrage beantwortete Lauterbach Rochell zufolge nicht und Gelegenheit, konkrete Fragen zu stellen, gab es demnach auch nicht. Vielmehr sollten die Teilnehmenden ihre Fragen vorab auf Karten notieren. Sehr viele Fragen hätten sich auf diese Weise angehäuft, von denen der Moderator fünf, sechs herausgefischt und vorgelesen habe.
»In einer solchen Konstellation anzukündigen, dass sich beim Apothekenhonorar etwas tun werde, dass die Dynamisierung mittelfristig kommt, klingt dann erstmal gut, hat aber keine Substanz«, so Rochell zur PZ. Kaum jemandem im Saal dürfte demnach klar gewesen sein, dass mit »mittelfristig« das Jahr 2027 gemeint ist – der geplante Starttermin für die Verhandlungen zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband zum Apothekenfixum. »Bis dahin wird es für viele Apotheken schon zu spät sein«, so Rochell.
Der AVWL-Chef hätte sich eine echte Diskussion gewünscht, nicht bloß ein Vortragen der zahlreichen aktuellen Reformvorhaben ohne Austausch mit dem Publikum. »Insofern war das Format maximal unglücklich«, so Rochell. Er hätte es begrüßt, wenn Lauterbach ein Maßnahmenpaket im Gepäck gehabt hätte, mit dem Apotheken akut geholfen werden könne, etwa Skonti wieder über die Großhandelsmarge hinaus zu erlauben oder die Notdienste besser zu bezahlen. Immerhin hatte es in den vielzitierten Eckpunkten zur Apothekenreform im Block »Honorierung« geheißen: »Sofortige Erhöhung der Vergütung von in der Nacht und am Wochenende geleisteten Notdiensten«. Die Eckpunkte stammen aus der Weihnachtszeit, bislang getan hat sich nichts, ein Referententwurf lässt weiterhin auf sich warten.
Rochell wie Fehske wollen dem Minister im Nachgang konkrete Fragen stellen. Gelegenheit dazu habe Lauterbach bei dem Termin in Hamm angekündigt, das Ganze soll demnach über den Hammer Oberbürgermeister Marc Herter (SPD) laufen. Am Herzen liegt beiden Apothekern das Thema Telepharmazie. Hier liege nämlich ein Definitionsproblem vor, wie beide erklärten. Lauterbach verstehe den Plan, PTA-Vertretung in bestimmten Fällen ohne anwesende Approbierte zu erlauben, die bei Bedarf aber digital zugeschaltet werden sollen, als telepharmazeutisches Angebot.
Da liege er falsch, so Fehske und Rochell. Das angedachte Konstrukt habe mit Telepharmazie nichts zu tun. Wichtig sei nun, dem Minister klarzumachen, dass die Apothekerschaft Telepharmazie nicht ablehne, wohl aber die Idee, Apotheken ohne anwesende Approbierte zu führen. »Damit verabschieden wir uns von der Präsenzpflicht«, warnte Rochell. Dadurch sähen viele vor allem junge Apothekerinnen und Apotheker die Aufrechterhaltung des bisherigen Fremd- und Mehrbesitzverbotes gefährdet.