Hoffnung für Patienten mit fortgeschrittenem Blasenkrebs |
Brigitte M. Gensthaler |
03.07.2024 10:30 Uhr |
Das Harnblasenkarzinom tritt vor allem bei älteren Menschen auf. Drei Viertel der Patienten sind Männer. / Foto: Adobe Stock/Robert Kneschke
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) empfiehlt die Zulassung von Erdafitinib (Balversa®, Janssen-Cilag) zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit inoperablem oder metastasiertem Urothelkarzinom (UC) mit bestimmten FGFR3-Genveränderungen. Sie müssen zuvor mindestens eine Therapielinie mit einem PD-1- oder PD-L1-Inhibitor erhalten haben. Erdafitinib wird als Monotherapie einmal täglich oral eingenommen. Das Medikament wird als Filmtabletten mit 3 mg, 4 mg oder 5 mg Wirkstoff erhältlich sein.
Erdafitinib inhibiert die Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-(FGFR-)Tyrosinkinasen und wird als Pan-FGFR-TKI bezeichnet. FGFR-Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei biologischen Prozessen wie Gewebereparatur, Entzündungsreaktion und Stoffwechsel. Fusionen oder Mutationen in den Genen, die FGFR kontrollieren (FGFR1- bis -4-Veränderungen), können zur Entwicklung und zum Fortschreiten bestimmter Krebsarten führen, indem sie das Wachstum und Überleben von Tumorzellen steigern.
Bis zu 20 Prozent der Patienten mit metastasiertem Urothelkarzinom haben genetische FGFR-Veränderungen, schreibt Janssen-Cilag in einer Pressemeldung. Der Test auf somatische Mutationen und Fusionen in FGFR-Genen könne Patienten identifizieren, die für eine Behandlung mit FGFR-gerichteten Therapien wie Erdafitinib infrage kommen.
Das EMA-Votum stützt sich auf die Daten aus Kohorte 1 der randomisierten, kontrollierten, offenen Phase-III-Studie THOR (NCT03390504). Darin wurden die Wirksamkeit und Sicherheit von Erdafitinib (n = 136) im Vergleich zur Chemotherapie (n = 130) bei Patienten mit fortgeschrittenem oder inoperablem UC mit ausgewählten FGFR-Veränderungen untersucht. Alle Patienten hatten mindestens eine Behandlung mit einem anti-PD-(L)1-Wirkstoff erhalten. In der Studie wurde Erdafitinib in zwei Kohorten verglichen: im Vergleich zu einer Standardchemotherapie mit Docetaxel oder Vinflunin (Kohorte 1) sowie im Vergleich zu Pembrolizumab nach einer vorherigen Behandlung ohne Anti-PD-(L)1-Wirkstoff (Kohorte 2).
Im Juni 2023 wurde die THOR-Studie bei der Zwischenanalyse zur Wirksamkeit gestoppt und alle Patienten, die auf eine Chemotherapie eingestellt waren, konnten zu Erdafitinib wechseln.
Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben. Hier war Erdafitinib signifikant überlegen: Die Patienten überlebten 12,1 Monate versus 7,8 Monate unter Chemotherapie. Auch das mediane progressionsfreie Überleben war mit 5,6 Monaten deutlich länger (2,7 Monate unter Chemo). Die Gesamtansprechrate lag bei 35,3 gegenüber 8,5 Prozent. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Hyperphosphatämie, Diarrhö und Stomatitis.
An Blasenkrebs erkranken in Deutschland jährlich rund 31.000 Menschen, davon sind mehr als 23.000 Betroffene Männer, meldet der Krebsinformationsdienst des DKFZ. Der Hauptrisikofaktor ist das Rauchen. Die weitaus häufigste Form sind Urothelkarzinome, die nicht selten an verschiedenen Stellen der Blase und ableitenden Harnwege gleichzeitig vorkommen. Nur 8 Prozent der Patienten, bei denen ein spätes metastasiertes Stadium diagnostiziert wird, überleben fünf Jahre oder länger.