Hörgerät wirksamer Schutz vor Demenz |
Annette Rößler |
14.04.2023 07:00 Uhr |
Wenn Opa sein Hörgerät wieder mal nicht tragen will, hat die Familie jetzt ein gutes Argument: Es ist praktizierter Demenzschutz. / Foto: Adobe Stock/Peter Maszlen
Altersbedingte Schwerhörigkeit führt dazu, dass Betroffene weniger äußere Stimuli wahrnehmen als Senioren mit guter Hörfähigkeit. Daher überrascht es nicht, dass ein Hörverlust im Alter in Untersuchungen mit einem erhöhten Demenzrisiko in Zusammenhang gebracht wurde. Wie stark sich dieser Risikofaktor auswirkt und ob ein Hörgerät vor Schwerhörigkeits-assoziierter Demenz schützt, hat nun ein Team um Dr. Fan Jiang von der Shandong University in Jinan, China, anhand von Daten aus Großbritannien untersucht. Das Ergebnis ist im Fachjournal »The Lancet Public Health« erschienen.
Die Studie wurde am 12. Dezember 2023 zurückgezogen. Die Autoren hatten eingeräumt, Fehler bei der Auswertung gemacht zu haben, was zu »falschen und irreführenden Ergebnissen und Schlussfolgerungen« geführt habe. Diese Fehler seien aufgefallen, als andere Forschende versuchten, das Ergebnis zu reproduzieren.
Die Gruppe wertete die Daten von 437.704 Personen aus, die in der UK Biobank registriert waren. Angaben zu Schwerhörigkeit und dem Gebrauch von Hörhilfen wurden bei Studienbeginn per Selbstauskunft eingeholt, Demenzdiagnosen aus Krankenhausakten und Todesregistern extrahiert. Die Teilnehmer waren zu Studienbeginn im Schnitt 56 Jahre alt und wurden durchschnittlich zwölf Jahre lang nachbeobachtet. Höreinschränkungen lagen bei rund einem Viertel der Teilnehmer vor und von diesen schwerhörigen Probanden nutzten 11,7 Prozent (13.092 von 111.822) ein Hörgerät.
Die Auswertung zeigte einen klaren Zusammenhang zwischen Schwerhörigkeit und Demenz: Teilnehmer, deren Höreinschränkung nicht durch ein Hörgerät korrigiert war, hatten ein 42 Prozent höheres Demenzrisiko als Probanden, die nicht schwerhörig waren oder die schwerhörig waren und ein Hörgerät benutzten. Das absolute Risiko, eine Demenz zu entwickeln, betrug in der Gruppe der Schwerhörigen ohne Hörhilfe 1,7 Prozent. Unter denjenigen, die gut hörten (entweder von Natur aus oder dank Hörgerät), lag das absolute Demenzrisiko dagegen bei 1,2 Prozent.
Da Altersschwerhörigkeit oft auch mit sozialer Isolation, Einsamkeit und depressiven Symptomen einhergeht, bezogen die Autoren diese Faktoren in ihre Berechnung mit ein. Sie kommen zu dem Schluss, dass weniger als 8 Prozent des beobachteten Effekts von Hörgeräten auf die Vermeidung solcher psychosozialen Probleme zurückzuführen sind. Der durch eine Hörhilfe vermittelte Schutz vor einer Demenzerkrankung sei also überwiegend eine direkte Folge des besseren Hörens und nur nachgeordnet ein indirekter Effekt, lautet ihre Schlussfolgerung.