Hirnscanner liest Gedanken – zumindest ein bisschen |
»Gedanken lesen« ist (noch?) technisch aufwändig und ungenau. Hier bereitet Doktorand Jerry Tang einen Probanden für den Hirnscan im fMRT vor. / Foto: University of Texas at Austin/Nolan Zunk
Mit Hirnscanner und künstlicher Intelligenz (KI) haben US-Forscher bei willigen Probanden bestimmte Arten von Gedanken zumindest grob erfassen können. So konnte ein von ihnen entwickelter Decoder mit Hilfe von fMRT-Bildern in bestimmten experimentellen Situationen ungefähr wiedergeben, was den Teilnehmern durch den Kopf ging, wie das Team im Fachblatt «Nature Neuroscience» schreibt.
Diese Hirn-Computer-Schnittstelle, bei der keine Operation notwendig ist, könnte irgendwann Menschen helfen, die ihr Sprachvermögen zum Beispiel in Folge eines Schlaganfalls verloren haben, so die Hoffnung der Forscher. Experten sind allerdings skeptisch.
Die Studienautoren der University of Texas betonen, dass mit ihrer Technologie nicht heimlich Gedanken ausgelesen werden könnten. Hirn-Computer-Schnittstellen (Brain-Computer-Interfaces; BCI) beruhen auf dem Prinzip, menschliche Gedanken durch technische Schaltkreise zu lesen, zu verarbeiten und in Bewegungen oder Sprache zu übersetzen. Auf diese Weise könnten etwa Gelähmte per Gedankensteuerung ein Exoskelett steuern oder Menschen mit Locked-In-Syndrom mit ihrer Außenwelt kommunizieren. Viele der entsprechenden Systeme, die derzeit erforscht werden, erfordern jedoch die operative Implantation von Elektroden.
Bei dem neuen Ansatz bildet ein Computer auf Grundlage von Hirnaktivitäten Wörter und Sätze. Diesen Sprachdecoder trainierten die Forschenden, indem sie drei Probanden 16 Stunden lang Geschichten hören ließen, während diese in einem funktionellen Magnetresonanztomographen (fMRT) lagen. Mit einem solchen fMRT können Durchblutungsänderungen von Hirnarealen sichtbar gemacht werden, die wiederum ein Indikator für die Aktivität der Neuronen sind.
Im nächsten Schritt bekamen die Probanden neue Geschichten zu hören, während ihr Gehirn wieder in der fMRT-Röhre untersucht wurde. Der zuvor trainierte Sprachdecoder war nun in der Lage, aus den fMRT-Daten Wortfolgen zu erstellen, die den Forschenden zufolge den Inhalt des Gehörten weitgehend korrekt wiedergaben. Das System übersetzte dabei die im fMRT aufgezeichneten Informationen nicht in einzelne Wörter. Vielmehr nutzte es die im Training erkannten Zusammenhänge sowie künstliche Intelligenz (KI), um bei neuen Geschichten die gemessenen Hirnaktivitäten den wahrscheinlichsten Phrasen zuzuordnen.
Dieses Vorgehen erklärt Professor Dr. Rainer Goebel, Leiter der Abteilung für kognitive Neurowissenschaften an der niederländischen Maastricht-Universität, in einer unabhängigen Einordnung so: «Eine zentrale Idee der Arbeit war es, ein KI-Sprachmodell zu benutzen, um die Anzahl der möglichen Phrasen, die mit einem Hirnaktivitätsmuster im Einklang stehen, stark zu reduzieren.»