HER3 im Visier von Patritumab-Deruxtecan |
Sven Siebenand |
24.10.2024 11:00 Uhr |
Patritumab-Deruxtecan könnte bei verschiedenen Tumorarten von Nutzen – immer dann, wenn der Krebs HER3 überexprimiert. / © Adobe Stock/ejgrubbs
Beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) treten bei vielen Patienten EGFR-aktivierende Mutationen auf. Nach einer initialen Therapie des metastasierten EGFR-mutierten NSCLC mit einem EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) kommt es leider oft zur Krankheitsprogression und Therapien in der Zweitlinie sind derzeit nur begrenzt verfügbar.
Schätzungsweise exprimieren rund 90 Prozent der fortgeschrittenen EGFR-mutierten Tumoren nach einer vorherigen EGFR-TKI-Behandlung HER3, das zur Familie der Rezeptortyrosinkinasen zählt. HER3 ist mit schlechten Therapieresultaten, einschließlich eines kürzeren rezidivfreien Überlebens und signifikant reduzierten Überlebens, assoziiert. Derzeit gibt es keine gegen HER3 gerichtete Therapie, die zur Behandlung einer Krebserkrankung zugelassen ist.
Patritumab-Deruxtecan ist ein gegen HER3 gerichtetes Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (antibody drug conjugate, ADC), das gemeinsam von Daiichi Sankyo und MSD entwickelt wurde. Es besteht aus Patritumab, einem voll humanisierten monoklonalen Antikörper vom Typ Anti-HER3-IgG1, und dem zytotoxischen Topoisomerase-I-Inhibitor Deruxtecan, die über einen abspaltbaren Linker auf Tetrapeptid-Basis verbunden sind. Deruxtecan ist dabei nicht ganz unbekannt und bereits in dem schon zugelassenen ADC Trastuzumab-Deruxtecan (Enhertu®) enthalten. Patritumab bindet nach der Applikation zunächst an HER3. Später wird Deruxtecan intrazellulär aus dem Konjugat abgespalten und bewirkt dann die Apoptose der Tumorzelle.
Die Phase-III-Studie HERTHENA-Lung02 zur Untersuchung von Patritumab-Deruxtecan bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem EGFR-mutiertem NSCLC, die vorher mit einem EGFR-TKI behandelt wurden, erreichte den primären Wirksamkeitsendpunkt des progressionsfreien Überlebens. Unter Patritumab-Deruxtecan zeigte sich eine statistisch signifikante Verbesserung im Vergleich zu einer Induktionschemotherapie mit Platin in Kombination mit Pemetrexed gefolgt von einer Erhaltungschemotherapie mit Pemetrexed. Das teilen die beiden Hersteller in einer Pressemeldung mit. Detaillierte Daten der Studie wolle man demnächst im Rahmen einer medizinischen Fachtagung vorstellen.
Gut möglich, dass Daten aus anderen Studien folgen werden. Denn das ADC wird nicht nur bei Lungenkrebs getestet. Besonders interessant ist die Phase-II-Studie HERTHENA-PanTumor01 bei zehn lokal fortgeschrittenen oder metastasierten soliden Tumorentitäten, darunter Melanom, Karzinome des Magens und der Kopf-Hals-Region, die mit mindestens einer vorherigen systemischen Therapie vorbehandelt wurden.