Hälfte der Gewinnmarge geht an die Apotheken |
Ev Tebroke |
17.09.2025 16:00 Uhr |
Wie können Pharmagroßhandel und Apotheken gemeinsam für ihre Ziele kämpfen? Beim Panel PZ-Nachgefragt diskutierten Anke Rüdinger, DAV-Vize; Sven Simons, Marketing-Chef von Phoenix Deutschland, und Michael Kuck, Vorstandsvorsitzender der Noweda, über die anstehenden politischen Herausforderungen der Branche. / © PZ/Alois Mueller
Die Rücknahme der Skonto-Deckelung kam nicht überraschend: »Das haben wir erwartet«, so Kuck heute auf der Expopharm beim Panel PZ-Nachgefragt zum Thema Großhandel und Apotheke. Die Frage sei jetzt: »Wie geht es weiter?« Die Noweda als apothekereigenes Unternehmen gebe letztlich sowieso alles an die Apotheken, was sie erwirtschafteten. Aber der Leistungsauftrag, die bestmögliche Belieferung der Apotheken mit Arzneimitteln, stehe trotz allem immer im Vordergrund. Und die wirtschaftliche Lage ist laut Kuck schon jetzt sehr schwierig.
»Die Noweda gibt 48 Prozent ihrer eigenen gesamten Spanne weiter an die Apotheken.« Und zwar unter Gültigkeit des Skonto-Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser hatte bekanntlich Skonti, die über die Großhandelsmarge von 3,15 Prozent hinausgehen, verboten. Die Weitergabe erfolge über Rabatte, Angebote und Konditionen. Betriebswirtschaftlich gelinge dies nur, weil der Großhandel sich seit Jahren permanenten Rationalisierungsprozessen unterziehe. In den vergangenen Jahren sei es so gelungen, die relativen Kosten um fast 10 Prozent zu senken. »Aber dieses System der Rationalisierungsprojekte sei irgendwann mal am Ende.«
Vor dem Hintergrund der aggressiven Konkurrenz für Apotheken sei es gefährlich, wenn der Großhandel seine Ressourcen hauptsächlich in die Konditionen pumpt, jedoch nicht die Leistungsfähigkeit stärkt und dadurch auch die Apotheken weniger leistungsfähig seien. Daher fordert Kuck ein Umdenken in der Skonto-Frage. Für Apotheken sei es zwar kurzfristig eine erfreuliche Nachricht, aber mittelfristig eine Ernüchterung. Für den Großhandel sei es bereits jetzt ernüchternd.
Apothekerin Anke Rüdinger, Vize-Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), begrüßte die geplante Rücknahme der Skonto-Deckelung. »Momentan ist das eine große Erleichterung.« Die Ertragsverluste für Apotheken durch die Deckelung bezifferte sie auf monatlich zwischen 500 bis 3000 Euro. »Das tut schon weh.« Rüdinger unterstrich aber auch: »Apotheken sollten ohne Skonti und Rabatte überleben können.« Vor dem Hintergrund der derzeitigen wirtschaftlich schlechten Rahmenbedingungen ist dies allerdings schwierig. Rüdinger zufolge hätte das BGH-Urteil den Apotheken nicht nur die Skonti des Großhandels beschnitten, sondern auch die der anderen Lieferanten.
Die Politik setze darauf, dass sich die Branche wieder irgendwie untereinander arrangiere, kritisierte Sven Simons, Marketing-Chef von Phoenix Deutschland, mit Blick auf die Absage auf eine Honorarerhöhung für Apotheken. Gleichzeitig sei es aber notwendig, politisch aktiv zu werden, angesichts der Offensiven von Versendern und auch Drogeriemärkten wie dm, die nun in den Apothekenmarkt drängten. »Wir lassen gemeinsam zu, dass auf der Ertragsseite attraktive Umsätze systematisch weiter den Markt verlassen«, so Simons. Aktuell gehe noch sehr viel OTC über die EU-Versender. Beim Drogeriekonzern dm sei perspektivisch auch der Markt der verschreibungspflichtigen Arzneimittel im Blick. Diese attraktiven Umsätze seien schließlich Ertrag für Großhandel und Apotheken. Hier sei ein stärkeres Miteinander nötig, um sich besser zu positionieren: Einerseits die Skonto-Entscheidung umzusetzen und andererseits dafür zu sorgen, dass attraktive Umsätze wieder stärker in der Apotheke vor Ort bleiben, so Simons.
Was das Thema Versandhandel betrifft, so hätten sich sowohl die Apotheken- als auch die Großhandelsseite klarere Leitplanken von der Politik gewünscht. Rüdinger zeigte sich enttäuscht von Warkens Vorhaben, lediglich bestehende Gesetze und Sanktionsmöglichkeiten auszuschöpfen, um die aggressive Rx-Boni-Praxis der EU-Versender einzudämmen, sowie die Einhaltung der Liefersicherheit von Medikamenten zu gewährleisten. »Hier fand ich die Politik sehr unscharf.« Rüdinger hofft aber nun auf den weiteren politischen Prozess: »Bislang sind es ja nur Eckpunkte. Wir müssen nun auf den Austausch setzen und klarmachen, dass es nicht nur um Temperaturkontrolle geht, sondern um die Einhaltung von Liefersicherheit.«
Bei der Durchsetzung wichtiger Punkte zur wirtschaftlichen Stärkung der Branche sollen Apotheken und Großhandel künftig grundsätzlich verstärkt zusammenarbeiten. Geld, das im System fehle, sei durch eine Umverteilung zulasten des Großhandels nicht zu kompensieren. »Unsere beiden Handelsstufen müssen stärker zusammenarbeiten was die Vergütung angeht«, so Kuck. Das Ziel sei eine hochwertige Versorgung.
Auch das Problem Direktbelieferung bestimmter Präparate von Herstellern an Apotheken am Großhandel vorbei sollte man gemeinsam angehen, so der Tenor. »Das nervt total«, kritisierte Rüdinger angesichts der Tatsache, dass aufgrund dieser Praxis diese Präparate dann nicht im Großhandel verfügbar sind. Jede Apotheke sollte die Arzneimittel, die sie braucht, über den vollversorgenden Großhandel beziehen können. Hier brauche es ebenfalls einen Schulterschluss, forderte die Apothekerin.