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Tipps vom Farbpsychologen 
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Gutes Apotheken-Design schafft Vertrauen

Es ist verschenktes Potenzial, bei der Apothekeneinrichtung nicht auf die Farbwirkung zu achten. Wie sich mit Nuancen gezielt kommunizieren lässt, erläutert der Farbpsychologe Professor Dr. Axel Buether im PZ-Interview.
AutorKontaktJennifer Evans
Datum 05.12.2025  07:00 Uhr

PZ: Welche Farben eignen sich für die Apotheken-Einrichtung?

Buether: Ich beginne immer mit einer Analyse der Menschen und ihrer Bedürfnisse – nie mit einem schönen Farbton. Ich schaue mir also den Ort, die Kundschaft, die Mitarbeitenden und die Arbeitsprozesse genau an – fast wie eine Anamnese. Erst wenn klar ist, welche Atmosphäre und welches Verhalten der Raum unterstützen soll, erstelle ich eine Wirkungsmatrix: Welche Farbnuancen fördern Orientierung? Welche reduzieren Stress? Welche erleichtern Beratungsgespräche oder stärken Vertrauen? Eine Wirkung entsteht nie durch einen einzelnen Farbton, sondern durch Kombination, Dosierung und Lichtqualität.

PZ: Welche Anforderungen müssen Vor-Ort-Apotheken erfüllen?

Buether: Sie haben besondere psychologische Aufgaben. Apotheken müssen Gesundheit, Vertrauen und Angstfreiheit ausstrahlen und gleichzeitig Klarheit, Professionalität und Orientierung bieten. Dazu kommt die Herausforderung, dass ihre Produktwelt selbst extrem bunt und visuell laut ist. Damit diese Vielfalt nicht überfordert, brauchen Apotheken ein ruhiges, neutralisierendes Farbfundament. So können sie zu einem Ort werden, der nicht nur Medikamente verkauft, sondern Sicherheit, Nähe und Vertrauen schenkt.

PZ: Wie sähe ein optimales Outfit für das Apothekenteam aus?

Buether: Ideal ist es, wenn das Outfit Professionalität mit menschlicher Wärme kombiniert. Kleidung sendet nonverbale Botschaften. Im Prinzip folgt sie derselben Logik wie eine gute Raumgestaltung: ruhige Basis, klare Struktur, ein warmer Akzent. Zum Beispiel könnte die Grundfarbe ein sanftes Mandel- oder Leinenweiß sein, was Sauberkeit, Ruhe und Offenheit signalisiert. Als Strukturfarbe an Westen, Säumen oder Schürze eignet sich Salbei, Nebelgrün oder ein gedämpftes Petrol. Das vermittelt Kompetenz und Orientierung. Und als Akzentfarbe wäre ein Hauch Apricot, Rosenholz oder Mauve als Tuch oder Badge vorteilhaft, weil das Freundlichkeit und Nähe erzeugt. Dieses Farbdreieck lässt ein Team professionell, menschlich und kommunikativ wirken. Vermeiden sollte man dagegen reines Weiß, weil es steril wirkt und unbewusst den Stresspegel erhöht. Ungünstig ist auch reines Schwarz. Es vermittelt Distanz, Strenge und Kontrollmacht. Glänzende Farben irritieren, wirken unruhig und lenken vom Gespräch ab. Und harte Kontraste erzeugen Unruhe und das Gefühl von Unzugänglichkeit.

PZ: Welchen Einfluss haben Farben auf den Therapieerfolg?

Buether: Farben wirken nicht wie ein Medikament, aber sie beeinflussen genau jene Faktoren, die über den Erfolg einer Therapie entscheiden wie Stressniveau, Erwartungshaltung, Aufmerksamkeit, Beziehung und Motivation. Unser Gehirn bewertet Farbumgebungen innerhalb von Millisekunden als sicher oder unsicher. Diese Signale steuern vegetative Prozesse, die für jedes therapeutische Setting entscheidend sind.

Sanft gebrochene Naturfarben wie Salbei, Taubenblau, sandiges Weiß oder Wollgrau reduzieren nachweislich Stress und erleichtern kooperative Entscheidungen. Auf vier Intensivstationen des Universitätsklinikums Wuppertal sank nach der farbpsychologischen Umgestaltung der Verbrauch an Psychopharmaka um rund 30 Prozent. Gleichzeitig reduzierte sich der Krankenstand des Personals um ein Drittel, weil die neue Atmosphäre Stress, Reizüberflutung und Ermüdung spürbar entschärfte. Die Neonatologie Bremen zeigte nach der Neugestaltung eine massive Verbesserung des Wohlbefindens, der Interaktion zwischen Eltern und Personal und der sozialen Kommunikation insgesamt.

PZ: Auf welche Farbkombinationen reagiert unser Immunsystem?

Buether: Grundsätzlich prägen Farben die Bedingungen, unter denen das Immunsystem arbeitet. Daher reagiert es etwa auf Farbmilieus, die Sicherheit und psychophysiologische Entlastung erzeugen. Positiv auf das vegetative Nervensystem wirken sich zum Beispiel Nebelgrün, Farn, Taubenblau oder Flachsgrau aus. Stimulierend sind zarte Ocker-Gelbtöne, sanftes Mais-, Honig- oder Bernsteingelb oder Himmelblau. Nuancen wie Altrosa, Mauve oder weiche Beerenfarben senken Hemmschwellen und stabilisieren soziale Interaktion.

PZ: Welche Impulse können Farben älteren Menschen schenken?

Buether: Sie können zu einer Art stiller Alltagstherapie werden, weil sie direkt auf Aufmerksamkeit, Gefühl und Orientierung einwirken – ohne Sprache und ohne Anstrengung. Das ist besonders wertvoll in Pflegeeinrichtungen, Geriatrien, Palliativbereichen oder bei Menschen mit Demenz und Depressionen. Farben schaffen Struktur, machen Übergänge sichtbar und vermitteln räumliche Sicherheit. Sanft abgestimmte Farbharmonien reduzieren Reizüberflutung und erzeugen ein Gefühl von Ruhe und innerer Sammlung. Und leichte, warme Akzente können zu kleinen Impulsen werden, die Neugier, soziale Teilnahme oder alltägliche Aktivität erhöhen. Sie können aber auch die Gesprächsbereitschaft älterer Menschen positiv beeinflussen oder ihre Erinnerungen aktivieren.

PZ: Sind Farbvorlieben kulturell geprägt?

Buether: Ja. Wir alle teilen die biologischen Grundlagen der Farbwahrnehmung, aber jede Kultur entwickelt eigene Bedeutungen, die festlegen, ob ein Ton als würdevoll, freundlich, privat, spirituell oder unangemessen gilt. Dabei geht es weniger um Grundfarben als um Nuancen und Kontexte. Ein zartes Rosa kann in Europa als kommunikativ und warm gelten, in anderen Kulturkreisen aber als zu persönlich oder verspielt. Ein kräftiges Gelb wirkt hier lebensfroh, kann anderswo jedoch religiöse oder hierarchische Bedeutungen haben. Und Blau, das wir als vertrauenswürdig empfinden, kann in wärmeren Ländern schnell als kühl und distanziert wahrgenommen werden. Im Gesundheitsbereich lohnt es sich deshalb, auf harmonische, zurückhaltende Naturtöne zu setzen und kräftige Akzente nur sehr bewusst zu wählen. Naturtöne sind kulturell am stabilsten und werden in den meisten Regionen als respektvoll, ruhig und menschlich wahrgenommen.

PZ: Wo verschenken wir die Wirkung von Farben?

Buether: Im Alltag – in unseren Wohnungen, in der Kleidung, in der Kosmetik. Gerade dort, wo wir ständig auf sie reagieren, behandeln wir Farbe oft wie ein dekoratives Beiwerk, obwohl sie ein zentrales Mittel der Selbstfürsorge sein könnte – so wichtig wie gesunde Ernährung, passende Bewegung oder geistig anregende Musik und Literatur. Meine Erfahrung zeigt: Sobald man Farbe als nonverbale Gesundheits- und Beziehungssprache begreift und bewusst Farbräume wählt, die zu den eigenen Bedürfnissen passen, verändert sich der Alltag spürbar.

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