Die Kostenerstattung für homöopathische Präparate suggeriere eine Wirksamkeit der Mittel und führe Patienten in die Irre, so der nun beschlossene Antrag der Grünen. Mit dem Beschluss ändern die Grünen ihren Kurs. / © IMAGO/Bernhard Classen
»Die Solidargemeinschaft soll nicht für Therapien aufkommen, deren Wirksamkeit über den Placeboeffekt hinaus wissenschaftlich nicht belegt ist«, heißt es in dem verabschiedeten Antrag aus Berlin. Die Kostenerstattung suggeriere eine Wirksamkeit homöopathischer Mittel und führe Patienten in die Irre, so der nun beschlossene Antrag. Anders betrachten die Grünen pflanzliche Arzneimittel, hier gebe es vielfach Belege für die Wirksamkeit.
Gesundheit sei kein Glaubenssystem, sondern eine Frage von Evidenz und Verantwortung, argumentierte ein Berliner Delegierter und wandte sich gegen das Argument, die Wirksamkeit homöopathischer Mittel sei durch Erfahrungswissen belegt. »Erfahrungswissen war auch die Basis für Aderlass oder von Quecksilber gegen Syphilis.«
Eine andere Delegierte argumentierte, es gehe nicht nur um Homöopathie, sondern um das Verhältnis der Grünen zur Wissenschaft.
Kassen können Homöopathie als Teil ihres Leistungskatalogs anbieten. Wissenschaftlicher Konsens ist, dass für homöopathische Behandlungen keine Wirkung nachgewiesen ist, die über den Placebo-Effekt hinausgeht.
Mit ihrem Beschluss ändern die Grünen ihren Kurs. Bislang galt ein Beschluss des Bundesvorstands aus dem August 2020, der damals einen heftigen parteiinternen Streit befriedet hatte. Demnach sollten gesetzliche Krankenkassen Homöopathie nur noch in Extratarifen anbieten dürfen. Diese Tarife sollten sich selbst finanzieren, die Kosten für homöopathische Behandlungen also nicht auf alle Beitragszahler umgelegt werden.
Eine Verfechterin dieses nun überholten Beschlusses hatte davor gewarnt, die alte Debatte wieder aufzumachen – der Umsatz von Homöopathie gehe ohnehin zurück. Es gab auch Vorbehalte in der Partei, das strittige Thema kurz vor den Landtagswahlen im kommenden Jahr wieder anzupacken.
Der Umgang mit Homöopathie ist politisch ein heißes Eisen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) unter Karl Lauterbach (SPD) wollte Homöopathie als Satzungsleistung streichen, geplant war seinerzeit ein Passus im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG). Allerdings wurde dieser später aus dem Gesetzentwurf gestrichen – offenbar aufgrund von Widerständen, unter anderem aus den Reihen der Grünen. Lauterbach hielt aber öffentlich an seinem Ziel fest und wollte das Thema ins parlamentarische Verfahren einbringen. Vorerst war es dann vom Tisch – nach Ampelbruch und Neuwahlen tauchte es unter der neuen, schwarz-roten Bundesregierung bislang nicht wieder auf.