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Baden-Württemberg

Große Apotheken-Aussprache im Landtag

Im Landtag von Baden-Württemberg fand am Mittwoch eine ausführliche Aussprache zu Apotheken statt. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte die Debatte »Arzneimittelstandort Baden-Württemberg – sichere Lieferketten und starke Apotheken« beantragt. Die Redner sprachen sich parteiübergreifend für eine Stärkung der Apotheken aus.
Alexander Müller
30.11.2023  17:40 Uhr

Ein Großteil der Rednerinnen und Redner stand noch unter dem Eindruck des Apothekenprotestes vom vergangenen Mittwoch in Stuttgart. Petra Krebs (Grüne), Michael Preusch (CDU), Florian Wahl (SPD) und Jochen Haußmann (FDP/DVP) waren allesamt bei der Kundgebung auf dem Schlossplatz dabei und haben zu den Apothekenteams gesprochen. Auch in der Landtagsdebatte zeigte sich eine überfraktionelle Einigkeit, dass für die Apotheken etwas getan werden muss.

Die grüne Abgeordnete Petra Krebs verwies auf den Rückgang der Apothekenzahlen. Allein in Bayern und Baden-Württemberg seien in diesem Jahr schon 125 Apotheken geschlossen worden, bundesweit 400. »Das ist wirklich ein Besorgnis erregender Zustand, der uns schon zu denken gibt. Denn die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung ist eine wichtige Aufgabe, die wir vor allem in Apotheken vor Ort bekommen und darum brauchen wir die Apotheken auch.« Gerade in Zeiten vieler Fehlinformationen im Netz sei es wichtig, sich auf Expertinnen und Experten vor Ort verlassen zu können.

Krebs erinnerte zudem daran, dass die Apotheken im vergangenen Winter gegen den bestehenden Mangel Fiebersäfte selbst hergestellt hätten. Auch seien die Apotheken Teil der Impfinfrastruktur. »Also ja, die Apothekenteams sind unverzichtbarer Bestandteil unseres Gesundheitswesens.«

»Apotheken stärken. Jetzt!« im Landtag

Damit eine hochwertige Versorgung auch in Zukunft möglich sei, benötigten die Apotheken ein ausreichendes wirtschaftliches Fundament. Es könne nicht sein, dass das Honorar seit zehn Jahren unverändert sei und die Apotheken mit Retaxationen für Fehler Dritter bestraft würden. »Ich hoffe sehr, dass der Herr Bundesgesundheitsminister Lauterbach das hört und das auch macht. Er muss da endlich reagieren.« In ihrem zweiten Redebeitrag zitierte Krebs sogar den Schlachtruf der Apotheken von den Protesttagen: »Apotheken stärken. Jetzt!«

Neben den Apotheken sei auch die Pharmaindustrie wichtig. Dabei gehe es nicht nur um die Arzneimittelversorgung, sondern auch um »Beschäftigung, Innovationen und Wertschöpfung«. Baden-Württemberg sei Deutschlands größter Standort der Pharmaindustrie. Aber die Krisen der vergangenen Jahre hätten die Fragilität der Lieferketten aufgezeigt.

Die Rolle als Pharmastandort könne man derzeit noch halten, ergänzte der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Preusch (CDU), mit großen Herstellern wie Boehringer Ingelheim, aber auch vielen Mittelständlern. Daher sei es zu begrüßen, dass Lauterbach (SPD) zum Pharmagipfel ins Kanzleramt eingeladen habe. »Vor dem Hintergrund, dass der Minister in der Regel beispielsweise den Apothekern immer wieder das persönliche Gespräch verweigert hat, ist es zumindest mal ein erster Schritt in die richtige Richtung.«

CDU will mehr Aufgaben für Apotheken

Preusch war wie Krebs in der vergangenen Woche bei der Apotheken-Kundgebung in Stuttgart vor Ort. »Für uns als CDU-Fraktion ist die Apotheke vor Ort Teil der Daseinsvorsorge und ein wesentliches Glied in der Kette einer guten medizinischen aber auch pflegerischen Versorgung in Stadt und Land.« Wer vor dem Problem die Augen schließen wolle, könne die Zahlen auf sich wirken lassen, so Preusch mit Verweis auf den Rückgang der Apotheken.

Apotheken seien neben dem Arzt der einzig relevante Ansprechpartner für die Patienten und mit der erweiterten Medikationsberatung bei Polymedikation seien sie eine unverzichtbare Säule der Qualitätssicherung für ein besonders gefährdetes Patientenkollektiv. Preusch – selbst Arzt – betonte, dass er im Engagement der Apotheken beim Impfen keine kurzfristige Pandemie-Strategie sehe. »Wir müssen uns über die Aufgabenteilung im Gesundheitswesen unterhalten«, so Preusch. Das gebe es schon in der Notfallmedizin und der Pflege. »Und wir müssen mit den Apothekerinnen und Apothekern besprechen, welche zusätzlichen Aufgaben gegen eine faire Vergütung von ihnen übernommen werden können.«

Preusch würdigte den Einsatz der Apothekenteams bei der Bekämpfung der Lieferengpässe, sei es bei der Herstellung oder der Beschaffung: »Apothekerinnen und Apotheker haben sich nachts an den Computer gesetzt und über die Online-Bestellplattformen Bestellungen getätigt. Dieses Engagement wurde und wird ihnen leider bis heute nicht angemessen vergütet.« Das komplette Spektrum der Leistungen der Vor-Ort-Apotheken sei nicht umsonst zu bekommen. »Es muss daher das primäre Ziel sein, die Apotheken vor Ort zu stärken.« Er sei daher froh, dass der SPD-Abgeordnete Wahl bei der Apotheken-Kundgebung auch klare Worte in Richtung des eigenen Bundesgesundheitsministers gefunden habe. An einem interfraktionellen Konsens sei die CDU interessiert, er sei für die Apotheken »überlebenswichtig«.

Florian Wahl (SPD) kam direkt im Anschluss ans Rednerpult und spielte den Ball zurück. Seit zehn Jahren warteten die Apotheken auf eine Honorarerhöhung, acht Jahre davon habe die Union den Bundesgesundheitsminister gestellt. Jens Spahn habe eine Leistungsausweitung nach der anderen verursacht, so dass jetzt das Geld fehle, um beispielsweise den Apotheken zu helfen. Wahl begrüßte aber, dass es jetzt einen demokratischen Konsens gebe, die Dinge anzugehen und sich die Parteien auf der Demo in ähnlicher Weise geäußert hätten. »Und dass wir sehen müssen, dass wir die Strukturen so auf die Reihe bringen, dass es auch in der Fläche auch in Zukunft noch die Apotheke vor Ort gibt, das ist auch ein gutes Zeichen.«

»Lauterbach-Bashing« unerwünscht

Es sei wichtig, dass partei- und länderübergreifend eine Lösung gefunden werde, so Wahl. Der SPD-Abgeordnete sprach sich aber gleichzeitig gegen ein »billiges Lauterbach-Bashing« aus. Wahl wiederholte seine Forderung, dass es im Sozialausschuss eine Anhörung zu den Apotheken geben müsse. Aus seiner Sicht muss das Apothekenhonorar nach zehn Jahren endlich angefasst werden. Das ebenfalls zentrale Thema des Bürokratieabbaus sei »der erfolgloseste politische Kampf der vergangenen 30 Jahre« im Gesundheitswesen.

Jochen Haußmann (FDP/DVP) sprach von einem »eindrucksvollen Protesttag«: »Wer hätte sich das vor 20 Jahren gedacht, dass Apothekerinnen und Apotheker mal demonstrieren?« Er dankte Landesapothekerverband und Landesapothekerkammer für den stets konstruktiven Austausch. Die FDP habe dafür gekämpft, dass die Retaxationen begrenzt werden, hier gebe es mit dem ALBVVG erste Erfolge gegen die »erstaunliche Kreativität der Krankenkassen«. Haußmann kritisierte, dass die Lockerungen bei der Abgabe vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) so eng ausgelegt würden, dass den Apotheken viele Möglichkeiten verbaut werde.

»Erstaunliche Kreativität der Krankenkassen«

Gerichtet an die grüne Abgeordnete Krebs erinnerte Haußmann daran, dass die Zuständigkeit für das Apothekenhonorar bei ihrem Parteikollegen, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, liege.

Bernhard Eisenhut (AfD) beklagte den wachsenden Abstand zur nächsten Notdienst-Apotheke. »Wir sehen, am Ende der Lieferkette stehen wie als Apothekenkunden.«

Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) dankte seiner Fraktion, dass sie das Thema auf die Tagesordnung gesetzt hatte. Die Lieferengpässe seien ein drängendes Thema. Es gebe aber auch positive Botschaften: Aktuell seien Fiebersäfte und Antibiotika ausreichend bevorratet. Aber auf der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) seien noch zu viele knappe Medikamente gelistet. Lucha kündigte an, dass es am 14. Dezember in seinem Ministerium erneut einen Pharma-Dialog geben werde.

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