Graue setzt auf Machtwort des Bundeskanzlers |
Daniela Hüttemann |
08.11.2023 12:00 Uhr |
Dr. Jörn Graue sparte nicht mit Kritik an Versäumnissen der Standesführung auf Bundesebene. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Großer Frust und eine gewisse Ratlosigkeit der Apothekeninhabenden begleiteten die Jahresversammlung des Hamburger Apothekervereins am Dienstagabend, dem Vorabend zum Apotheken-Protesttag in Norddeutschland. »Früher war die Zukunft auch schon einmal besser«, meinte Dr. Jörn Graue, langjähriger und gestern erneut in seinem Amt bestätigter Vorstandsvorsitzender des Hamburger Apothekervereins, in einem wie gewohnt kritischen Bericht voller Andeutungen und Anspielungen, unter anderem zur griechischen Tragödie.
Den Apothekern ginge es derzeit wie den Helden dort: Fehler, die vor mehr als 20 Jahren von der damaligen Standesführung gemacht wurden (keine Dynamisierung des Honorars) rächen sich mittlerweile bitter, und egal, wie die Apotheken handeln, es wird nur noch schlimmer. Mit Lauterbach habe man nun einen Minister mit narzissistischen Zügen, ein Getriebener, der niemanden mehr an sich heranlasse und linksideologisch geprägt sei, auch wenn nun von einer Liberalisierung des Apothekensystems die Rede sei.
Der Hamburger Apothekerverein geht davon aus, dass es durch die Einführungen von »Leicht-Apotheken« ohne Approbierte, Labor und Rezeptur in der Summe nicht zu mehr Betriebsstätten kommt, wie sich der Minister es vorstellt. Im Gegenteil: Vollapotheken finden keinen Nachfolger mehr und gehen weiter verloren, und die übrig gebliebenen Inhabenden können sich keine weitere Filialen leisten, auch keine abgespeckten, erläuterte Georg Zwenke, Geschäftsführer des Verbands.
Graue sprach davon, dass zusätzlich zu den für dieses Jahr prognostizierten 600 Apothekenschließungen im kommenden Jahr noch weitere rund 1000 im nächsten Jahr kommen könnten. In Hamburg sind es zum Stand November noch 372 Apotheken, davon 106 Filialen. Seit 2015 hat der Stadtstaat 10,6 Prozent seiner Apotheken verloren.
Am liebsten wäre es Graue, juristisch zu prüfen, ob der Minister nicht wegen grober Fahrlässigkeit haftbar gemacht werden könnte. Realistisch betrachtet, bleibe nur die Hoffnung auf seine Abwahl bei der nächsten Bundestagswahl oder auf ein Machtwort des Bundeskanzlers. Generell riet Graue den Apothekerverbänden, sich juristisch zur Wehr zu setzen, wo immer dies möglich sei.
Alle vier Jahre wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Wir berichten mit Blick auf die Gesundheitspolitik und die Auswirkungen für die Apotheken.