Graswurzelbewegung gegen die Apotheken-Reform |
Lukas Brockfeld |
01.10.2024 14:46 Uhr |
Die ABDA-Präsidentin beim Livetalk am Montagabend. / Foto: ABDA / Screenshot
Apothekensterben, Lieferengpässe und vor allem die Apothekenreform – die Zeiten sind turbulent und es gibt viel zu besprechen. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening stellte sich daher am Montagabend in einem Facebook-Livetalk den Fragen der Apothekerschaft. Dabei gewährte sie Einblicke in den Kampf der Bundesvereinigung gegen das geplante Apothekenreformgesetz.
»Das ist keine Reform, das ist ein Angriff auf den Beruf des Apothekers und der Apothekerin«, stellte Overwiening gleich zu Beginn der Veranstaltung fest. Lauterbach wolle mit seiner Idee der PTA-Vertretung vor allem Kosten reduzieren, um das stagnierende Honorar zu kompensieren. Angestellte Apotheker ließen sich nach der Reform durch kostengünstigeres Personal ersetzen. Schlimmstenfalls könne das Gesetz das Ende des gesamten Berufsstandes bedeuten.
Es sei den Apothekerinnen und Apothekern zu verdanken, dass es bisher noch nicht soweit gekommen ist. »Wir haben eine große Graswurzelbewegung aus Ihren Kreisen. Sie alle haben sich motivieren lassen, haben sich mobilisieren und argumentativ aufladen lassen. Sie sind in unzählige Gespräche mit den Patienten und den Politikern gegangen«, lobte die ABDA-Präsidentin.
Die Apothekerschaft habe viel Rückendeckung bekommen. Die Bundesländer sowie zahlreiche Politiker, Medien und Verbände wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hätten sich gegen die Reform positioniert. Bisher habe der Gesundheitsminister es nicht geschafft, seine Reform durch das Kabinett zu bringen. Gerade aufgrund des Widerstands der FDP.
Doch die Gefahr sei weiterhin real. »Ich möchte noch mal an Sie alle appellieren: Bleiben Sie dabei und führen Sie Gespräche. Wir sind in einem Marathon und in einem Marathon ist es das Schlimmste, wenn man anfängt daran zu zweifeln, dass man das Ziel erreicht. Dann verlieren Sie ihre Kraft und die anderen ziehen vorbei«, sagte Overwiening. Die Apothekerschaft müsse daher weiterhin gemeinsam gegen die Reform kämpfen.
Im Anschluss konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer über den Chat ihre Fragen stellen. Ein Teilnehmerin wollte wissen, warum die ABDA bis heute keine eigenen Vorschläge zur Apothekenreform eingereicht habe. »Der Minister hat mir sehr deutlich gesagt, dass er nicht über andere Vorschläge, sondern nur über seinen Referentenentwurf sprechen möchte«, berichtete Overwiening. Die Einschätzungen der Apothekerschaft ignoriere der Minister.
»In diesem Gesetz gibt es ein so zentrales Problem, dass wir es in dieser Form ablehnen müssen«, betonte die ABDA Präsidentin. Apotheken ohne Apotheker seien für die ABDA ein No-Go, aber für Karl Lauterbach das Kernelement seiner Reform. Daher müsse man den Gesetzentwurf grundsätzlich ablehnen.
Die Bundesvereinigung mache aber regelmäßig Vorschläge zur Verbesserung der Versorgung. »Es gibt keine Gründe, warum wir nichts vorschlagen sollten. Es gibt aber sehr wohl Gründe, warum die Politik Ihnen sagt, dass wir angeblich nichts vorschlagen. Lassen wir uns nicht auseinanderdividieren«, sagte Overwiening.
Man suche regelmäßig das Gespräch mit dem Gesundheitsminister, zuletzt sei man im Juni zusammengekommen. »Wir haben ihn seither oft angeschrieben und nicht mal eine Antwort erhalten. Ich bin froh, dass wir in einem guten Netz von anderen Politikerinnen und Politikern stehen, die eine ehrliche Auseinandersetzung mit uns suchen, die die Hintergründe verstehen und mit uns für die Versorgung von morgen kämpfen«, erklärte die ABDA-Präsidentin.
Aktuell scheint es unsicher, ob, wann und wie das Apotheken-Reformgesetz verabschiedet wird. Doch Overwiening wollte am Montag keine Entwarnung geben. »Wir wissen nicht, ob das Gesetz vor dem Kabinett stecken bleibt und irgendwann aufgrund fehlender Zeit keine Chance mehr hat. Es könnte immer wie ein Damoklesschwert über uns schweben. Wir müssen schauen, wie sich der Minister und die Regierung künftig positionieren«, führte die ABDA-Präsidentin aus. Von den kommenden Entwicklungen seien zum Beispiel weitere Protestmaßnahmen abhängig.
Sollte die Reform dauerhaft feststecken, könne man wichtige politische Veränderungen auch über sogenannte Omnibusgesetze an andere Gesetzgebungsverfahren anhängen. Im vergangenen Jahr habe das schon mit der Abschaffung der Präqualifizierung geklappt.
Die ABDA Präsidentin beendete den Talk mit einem Appell zu Pharmazeutischen Dienstleistungen, die in mehr Apotheken angeboten werden sollten: »Ich weiß, wir hätten gerne viel mehr. Aber das ist etwas, das wir gerade in den nächsten Monaten exzessiv in unseren Apotheken umsetzen müssen. Das ist ein großer Schritt in Richtung Zukunftsgestaltung und Weiterentwicklung.«