Google-Firma sagt Proteinstrukturen voraus |
Theo Dingermann |
27.07.2021 13:00 Uhr |
Entsprechend enthusiastisch sind die Reaktionen aus den Lebens- und Computerwissenschaften. »Aus meiner Sicht ist das total transformativ«, sagt Christine Orengo, eine Computerbiologin am University College London (UCL) in einem News-Beitrag von Nature, und sie ergänzt: »Wenn man die Formen all dieser Proteine kennt, bekommt man wirklich einen Einblick in ihre Mechanismen«.
Demis Hassabis, Mitbegründer und Geschäftsführer von DeepMind ergänzt: »Das ist der größte Beitrag, den ein KI-System bisher zum Fortschritt der Wissenschaft geleistet hat. Ich denke nicht, dass es übertrieben ist, das zu sagen«.
Allerdings ist dies zunächst ein Anfang und keineswegs das Ende einer bemerkenswerten Entwicklung. Denn die theoretisch vorhergesagten Proteinstrukturen müssen natürlich experimentell validiert werden. Aber es gibt gute Gründe, die Daten sehr ernst zu nehmen. Denn einige der von AlphaFold errechneten Strukturen stimmten erstaunlich gut mit den Strukturen überein, die experimentell ermittelt worden waren.
Doch auch die noch nicht so exakt bestimmten Strukturen könnten wichtige Hinweise für Wissenschaftler liefern. So gehen Biologen davon aus, dass große Teile der Proteine von Eukaryonten von Natur aus ungeordnet sind. Sie nehmen erst dann konkrete Strukturen an, wenn diese Proteine Interaktionen mit anderen Molekülen eingehen. »Viele Proteine sind in Lösung einfach nur wackelig, sie haben keine feste Struktur«, sagt der leitende AlphaFold-Forscher John Jumper. Tatsächlich konnte bereits gezeigt werden, dass einige Proteinbereiche, die bisher hinsichtlich ihrer Struktur nicht so exakt errechnet werden konnten, mit Proteinen übereinstimmen, von denen Biologen vermuten, dass sie in Lösung »ungeordnet« vorliegen.
Forscher verwenden bereits die von AlphaFold entwickelten Programme und Daten, um ihre eigenen experimentellen Strukturdaten zu interpretieren. Gleichzeitig werden die theoretisch ermittelten Strukturen auch intensiv mit experimentellen Daten überprüft. Denn je mehr man den Daten, die unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz ermittelt wurden, vertrauen kann, um so nützlich sind sie für Folgeprojekte.