Glofitamab im Handel |
Kerstin A. Gräfe |
05.09.2023 07:00 Uhr |
Bei etwa zwei Dritteln der Patienten kam es zu einem CRS. Anzeichen und Symptome umfassen unter anderem Fieber, Tachykardie, Schüttelfrost, Hypotonie und Hypoxie. Zusätzlich zu der Obinutuzumab-Vorbehandlung sollten die Patienten gut hydriert sein und eine Prämedikation mit einem Antipyretikum, einem Antihistaminikum und einem Glucocorticoid erhalten. Des Weiteren muss mindestens eine Dosis des IL-6-Rezeptor-Antikörpers Tocilizumab zur Verfügung stehen.
Bei Patienten mit einer aktiven Infektion darf der Antikörper nicht verabreicht werden. Vorsicht ist geboten, bei Patienten mit chronischen oder rezidivierenden Infektionen in der Anamnese, bei Patienten mit Grunderkrankungen, die sie für Infektionen prädisponieren können, oder bei solchen, die zuvor eine intensive immunsuppressive Behandlung erhalten haben. Die Patienten sind vor und während der Behandlung auf das Auftreten möglicher bakterieller, Pilz- und neuer oder reaktivierter Virusinfektionen zu überwachen und angemessen zu behandeln.
Unter der Behandlung wurde über Schübe der Tumorerkrankung (Tumor Flares) berichtet, die sich in lokalisierten Schmerzen und Schwellungen äußern können. Ein Tumor Flare impliziert jedoch weder ein Therapieversagen noch stellt er ein Fortschreiten der Erkrankung dar. Vielmehr handelt es sich um ein vorgetäuschtes Fortschreiten, das dem Wirkmechanismus von Columvi geschuldet ist (Zustrom von T-Zellen in die Tumorherde). Zur Behandlung können Corticosteroide und Analgetika erwogen werden.
Des Weiteren kann ein Tumorlysesyndrom auftreten. Dabei handelt es sich um eine häufig lebensbedrohende Stoffwechselentgleisung, zu der es bei plötzlicher Zerstörung einer größeren Anzahl von Tumorzellen kommen kann. Die Behandlung umfasst Maßnahmen wie eine aggressive Hydrierung, die Korrektur von Elektrolytstörungen und eine antihyperurikämische Therapie.
Die initiale Freisetzung von Zytokinen, die mit Beginn der Columvi-Behandlung einhergeht, könnte Cytochrom-P450-Enzyme unterdrücken und zu Schwankungen in den Konzentrationen von gleichzeitig verabreichten Medikamenten führen. Patienten, die gleichzeitig Medikamente mit enger therapeutischer Breite erhalten, sollten daher überwacht werden.
Eine Immunisierung mit Lebendimpfstoffen wird während der Therapie nicht empfohlen.
Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung und für mindestens zwei Monate nach der letzten Infusion eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Der Einsatz des neuen Arzneimittels in der Schwangerschaft und bei stillenden Frauen wird nicht empfohlen.
Die bedingte Zulassung basiert auf der Phase-I/II-Studie NP30179 mit 155 Patienten, von denen ein Drittel zuvor eine CAR-T-Zelltherapie erhalten hatte. Sie wurden mit Obinutuzumab zur Abschwächung eines CRS vorbehandelt. Anschließend erhielten sie über insgesamt zwölf Zyklen eine Glofitamab-Monotherapie. Primärer Endpunkt war das komplette Ansprechen (CR).
Dieses erreichten 40 Prozent der Patienten; die Gesamtansprechrate betrug 52 Prozent. Hinsichtlich der CR-Raten mit und ohne vorheriger CAR-T-Zelltherapie zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (35 versus 42 Prozent). Im Durchschnitt dauerte es 42 Tage bis zum Erreichen des kompletten Ansprechens. Nach 18 Monaten waren noch 70 Prozent der Patienten mit einem kompletten Ansprechen in Remission.
Als häufigste Nebenwirkungen traten ein CRS, Neutropenie, Anämie, Thrombozytopenie und Ausschlag auf.
Immer mehr bispezifische Antikörper gelangen in den Handel. Wie Mosunetuzumab, das bei einer anderen Krebsart zugelassen ist, ist auch Glofitamab ein Anti-CD20/Anti-CD3-Antikörper. Das Wirkprinzip ist also keineswegs neu.
Glofitamab ist eine weitere Therapieoption beim diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL). In dieser Indikation hat es in den vergangenen Jahren einige neue Medikamente gegeben, unter anderem die CAR-T-Zelltherapie.
Die Ergebnisse der Zulassungsstudie rechtfertigen aber dennoch das Einsortieren von Glofitamab bei den Schrittinnovationen. Denn beim Einsatz ab dem zweiten Rezidiv konnten immer noch ein rasches Ansprechen und eine hohe Ansprechrate erzielt werden. Diese Einstufung ist aber vorläufig. Weitere Ergebnisse mit Glofitamab gilt es abzuwarten.
Mit einem Auge muss man auch auf die Konkurrenz am Horizont schauen: Epcoritamab, ein weiterer bispezifischer Anti-CD20/Anti-CD3-Antikörper, wurde von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) bereits zur Zulassung empfohlen. Das vorgeschlagene Anwendungsgebiet deckt sich mit jenem von Glofitamab. Während Glofitamab intravenös zu infundieren ist, kann Epcoritamab subkutan appliziert werden. Ein direkter Vergleich dieser beiden Antikörper wäre natürlich sehr wünschenswert.
Sven Siebenand, Chefredakteur