| Johanna Hauser |
| 30.10.2025 12:00 Uhr |
Die Entzündung exokriner Drüsen, insbesondere der Tränen- und Speicheldrüsen, sind typisch für das Sjögren-Syndrom. Als Folge ist die Produktion von Tränenflüssigkeit und Speichel reduziert. / © Adobe Stock/Julia
Das Sjögren-Syndrom ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die durch eine starke Aktivierung von B-Lymphozyten gekennzeichnet ist. Hauptmerkmal sind Entzündungen der Tränen- und Speicheldrüsen. Betroffene leiden daher vor allem unter Mund- und Augentrockenheit. Bisherige Therapien beschränkten sich auf eine Linderung einzelner Symptome.
Beim Kongress des American College of Rheumatology in Chicago wurden diese Woche gleich zwei spezifische Arzneistoffe vorgestellt: Telitacicept und Ianalumab könnten Patienten mit Sjögren-Syndrom neue Therapiemöglichkeiten eröffnen.
Telitacicept ist ein Fusionsprotein aus chinesischer Entwicklung, das in einer Phase-III-Studie die Krankheitslast von Patienten mit Sjögren-Syndrom lindern konnte, nachdem Sicherheit und Wirksamkeit bereits erfolgreich in Phase II nachgewiesen worden waren. Das Protein schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe, indem es sich gegen den B-Lymphozyten-Stimulator (BLyS) einerseits und den Proliferations-induzierenden Liganden (APRIL) andererseits richtet und beide neutralisiert. Beide – BLyS und APRIL – können an B-Zellen binden und diese so der Eliminierung entziehen.
Die Ergebnisse der doppelblinden, randomisierten Phase-III-Studie wurden von Dr. Dong Xu vom Beijing Union Medical College Hospital vorgestellt. 381 Erwachsene zwischen 18 und 70 Jahren wurden in drei Gruppen randomisiert (1:1:1). Alle wiesen positive Marker wie Anti-SSA-Antikörper, einen spezifischen Autoantikörper, und eine mindestens moderate Krankheitsaktivität auf. Diese wird anhand des EULAR Sjögren’s Syndrome Disease Activity Index, kurz ESSDAI, eingestuft. Um die Krankheitsaktivität zu beurteilen, werden die Ergebnisse der zwölf Einzelkategorien des ESSDAI mit einer jeweiligen Skala von null bis drei addiert.
Die Teilnehmer erhielten Telitacicept 160 mg (n = 127), 80 mg (n = 126) oder Placebo (n = 127) wöchentlich subkutan über 48 Wochen. Patienten der Placebogruppe konnten zwischen den Woche 24 und 48 verblindet zu Telitacicept wechseln.
Der primäre Endpunkt war eine verringerte Krankheitsaktivität nach 24 Wochen. Unter Telitacicept 160 mg erfuhren die Teilnehmer eine signifikante Verringerung, diese lag im Mittel bei einer Abnahme des ESSDAI um 4,4 Punkte. Ebenso in der 80-mg-Gruppe, hier lag der Wert bei –3,0 Punkten gegenüber –0,6 Punkten in der Placebogruppe.
Telitacicept überzeugte auch in Bezug auf die sekundären Endpunkte wie einer Reduktion der Krankheitslast um drei Punkte. Dies erzielten mit der 160-mg-Dosis 71,8 Prozent und in der 80mg-Gruppe 47,1 Prozent der Teilnehmenden. Unter Placebo erreichten 19,3 Prozent diesen Wert.
Nebenwirkungen traten nur leicht oder moderat auf. Am häufigsten kam es zu Infektionen der oberen Atemwege und zu Reaktionen an der Injektionsstelle.
Telitacicept wird derzeit in weiteren klinischen Studien für den Einsatz bei Autoimmunerkrankungen wie dem systemischen Lupus Erythematodes (SLE) oder rheumatoider Arthritis erprobt. Auch hier scheint sich eine gute Wirksamkeit abzuzeichnen. In China liegt bereits eine Zulassung für die Behandlung von Patienten mit aktivem SLE vor (Handelsname: Tai’ai®).
Ianalumab ist ein vollständig humaner IgG1-Antikörper mit einem dualen Wirkmechanismus, der B-Zellen durch erhöhte Antikörper-abhängige zelluläre Zytotoxizität abbaut sowie deren Aktivierung und Überleben hemmt.
Eine Gruppe um Thomas Grader-Beck von der Firma Novartis untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Ianalumab in zwei Phase-III-Studien. In die NEPTUNUS-1-Studie wurden 275 erwachsene Patienten 1:1 randomisiert, in NEPTUNUS-2 wurden 504 Patienten 1:1:1 randomisiert. Die Studienzeit betrug 52 Wochen. Die erwachsenen Patienten wiesen einen ESSDAI von ≥ 5 in acht vorausgewählten Kategorien sowie eine stimulierte Speichelflussrate von ≥ 0,05 ml/min auf.
Beide Studien waren multizentrisch, randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert. Eine Basistherapie war in beiden Studien erlaubt, einschließlich Methotrexat (≤ 25 mg/Woche), Hydroxychloroquin (≤ 400 mg/Tag), Azathioprin (≤ 150 mg/Tag) und Prednison (≤ 10 mg/Tag), entweder allein oder in Kombination.
In NEPTUNUS-1 erhielten die Patienten monatlich 300 mg Ianalumab oder Placebo; in NEPTUNUS-2 wurden die Patienten entweder auf 300 mg Ianalumab monatlich, alle drei Monate oder Placebo eingestellt.
Beide Studien erreichten ihren primären Endpunkt, nämlich die Überlegenheit gegenüber Placebo auf Grundlage einer Verbesserung gegenüber dem Ausgangswert des ESSDAI in Woche 48. Die monatliche Gabe von Ianalumab war Placebo statistisch signifikant überlegen (–6,6 gegenüber –5,5).
Weitere sekundäre Endpunkte, etwa die Messung der Krankheitsaktivität, zeigten in beiden Studien ebenfalls einen Trend zur Verbesserung. Die Sicherheit wurde nach 52 Wochen bewertet. Ianalumab weist ein gutes Sicherheitsprofil auf, die Bewertung erfolgte nach 52 Wochen. Die Gesamtinzidenz von unerwünschten und schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen war mit Placebo vergleichbar.