Gibt es ein »Recht auf Unerreichbarkeit«? |
Der Arbeitnehmer klagte zunächst in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Elmshorn erfolglos gegen die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte; in zweiter Instanz entschied hingegen das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, dass die Abmahnung entfernt werden müsste. Das BAG schloss sich hingegen der ursprünglichen Auffassung des Arbeitsgerichts in erster Instanz an und entschied, dass der Arbeitnehmer auch in seiner Freizeit, die Weisung hätte zur Kenntnis nehmen müssen.
Zwar müsse der Arbeitnehmer nicht ununterbrochen erreichbar sein und sich dienstbereit halten. Es sei jedoch eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers, wenn eine betriebsinterne Regelung wie eben hier gelten würde, dass am Vortag das Handy auf etwaige Nachrichten überprüft werden müsse. Diese bloße Kenntnisnahme der Weisung sei dann auch nicht als Arbeitszeit an sich zu werten, so die Richter.
Das BAG fährt mit dieser Entscheidung einen Mittelweg. Einerseits eröffnet das Urteil keinen Freifahrtschein für Arbeitgeber, Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeit mit Weisungen zu kontaktieren. Gleichzeitig stellt das BAG klar: Im Falle einer bestehenden Betriebsvereinbarung dürfen auch kurzfristige Kontaktaufnahmen via SMS oder Ähnlichem erfolgen und Arbeitnehmer können zur grundsätzlichen Kenntnisnahme verpflichtet werden.
Unberührt bleiben bei dieser Entscheidung jedoch andere Problemfelder, etwa wenn der Arbeitgeber Weisungen über Anwendungen wie WhatsApp versenden würde. Diese dürften zumindest datenschutzrechtlich noch einmal anders als bloße SMS zu werten sein.
Die Autorin Jasmin Herbst ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Mediatorin bei der Kanzlei Dr. Schmidt und Partner in Koblenz.
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