»Gesundheitssystem braucht wegen Fachkräftemangel KI« |
KI-basierte Programme wie ChatGPT können im Gesundheitswesen Unterstützung bieten, bergen aber auch Gefahren. / Foto: IMAGO/Pacific Press Agency
Zur Bewältigung des Fachkräftemangels ist das Gesundheitswesen nach Ansicht einer Expertin auf digitale Innovationen wie etwa Künstliche Intelligenz (KI) angewiesen. Man brauche Technologie, um das Niveau der Gesundheitsversorgung zu halten, sagte Sophia Walczyk von der Stabsstelle Digitalisierung der
Universitätsmedizin Greifswald der Deutschen Presse-Agentur. Ein großer Teil der Pflegekräfte und Hausärzte gingen in den kommenden zehn Jahren in Rente. «Und es kommt nichts nach.»
Um dies mittels Technologie abfedern zu können, müsse man digitale Kompetenzen bei Beschäftigten aufbauen, aber auch in der Bevölkerung, damit die Menschen etwa Apps für ihre Gesundheit nutzen könnten und auch das dafür notwendige Vertrauen hätten. KI sei ein sehr komplexes Thema. «Ich glaube schon, dass uns das sehr viel helfen wird.» Als mögliche Beispiele nannte sie die Automatisierung von Prozessen in der Verwaltung oder auch bei der Erstellung von Arztbriefen oder OP-Berichten auf Basis vorliegender Daten. Ärzte und Ärztinnen müssten solche Berichte dann nur noch überprüfen.
Wie mittels Technologie Probleme im Gesundheitswesen gelöst werden könnten, soll der erste landesweite Hackathon zu dem Thema zeigen, den Walczyk organisiert. Interessenten sind dazu aufgerufen, in Teams Lösungen zu finden, etwa zum Thema Versorgung im ländlichen Raum, Entlastung von häuslicher und stationärer Pflege oder KI und Datensicherheit. Die konkreten Probleme sollen am Donnerstag
veröffentlicht werden. Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben dann mehrere Wochen Zeit, Lösungen zu entwickeln. Das Finale des Hackathons findet Anfang Juni in Greifswald statt. Die besten Lösungen sollen ausgezeichnet und als Pilotprojekte umgesetzt werden.
Deutschland hänge im Vergleich zu anderen Ländern noch sehr hinterher, was die Digitalisierung im Gesundheitswesen angehe, sagte Walczyk. «Ich weiß noch nicht, warum wir das im Gesundheitswesen nicht schaffen.» Dänemark etwa nutze umfassend elektronische Signaturen zu Identifikation im Verwaltungs- und Gesundheitsbereich. «Das machen die seit über 30 Jahren, und wir fangen gerade in Deutschland erst an.»
Was den Einsatz von auf KI basierenden Programmen wie etwa den Chatbot ChatGPT betrifft, sind die Meinungen derzeit noch sehr zwiegespalten. Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) sieht beim Einsatz solcher Chatbots im Gesundheitssystem zwar Chancen, warnt aber auch vor Gefahren wie etwa Fehldiagnosen.
»Es wird bald Programme geben, bei denen ein Patient Symptome, Befunde und bisherige Behandlungen mündlich erklärt und dann von der KI eine Einschätzung seiner Krankheit und sogar mögliche Therapievorschläge bekommt«, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
ChatGPT gibt solche Auskünfte im schriftlichen Dialog bereits heute. Hohe Aufmerksamkeit erregte im März der Bericht eines Hundehalters via Twitter, wonach angeblich der Nachfolger des Programms, GPT-4, die Krankheit seines Vierbeiners unter anderem auf Basis von Laborwerten korrekt diagnostizierte, die ein Tierarzt zuvor nicht erkannt hatte. Allerdings können Chatbots auch erfundene Informationen verbreiten, ohne dass dies auf den ersten Blick erkennbar ist.
Lauterbach forderte, die Anwendung von KI-Systemen wie ChatGPT im Gesundheitsbereich zu regulieren. »Sie müssen geprüft werden und zuverlässig sein», sagte der Minister den Zeitungen. Zudem müsse sichergestellt sein, dass die Daten nicht missbraucht werden könnten. Grundsätzlich sehe er den Einsatz von KI im Gesundheitssystem aber positiv. Chatbots könnten künftig Therapien theoretisch durchspielen und Fragen nach der Wirksamkeit von Medikamenten für einen konkreten Patienten beantworten. KI könne bereits jetzt manchmal besser sein als ein geübter Facharzt, meint Lauterbach. »Die besten Ergebnisse erzielt aber die Kombination aus künstlicher Intelligenz und einem Arzt.«