Gesundheitspolitik muss Priorität haben |
Ein »Weiter so« dürfe es nicht mehr geben, sind sich die Innungskrankenkassen und die Sozialpartner einig und verweisen auf die prekäre Finanzlage des deutschen Gesundheitswesens. / © IMAGO/Zoonar
Gestern hatte die Techniker Krankenkasse darauf hingewiesen, dass die gravierenden Herausforderungen des deutschen Gesundheitssystems noch nicht in der Politik angekommen sind und es dringenden Reformbedarf gibt. Nun hat auch die Gemeinsame Vertretung der Innungskrankenkassen (IKK) mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sowie dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) eindringlich an die regierungsbildenden Parteien appelliert, Gesundheitspolitik prioritär auf die politische Agenda der Großen Koalition zu heben und rasch grundlegende Reformen anzugehen.
Ziel der künftigen Gesundheitspolitik müsse es sein, ein »zukunftsfähiges, gerechtes und nachhaltiges Gesundheitssystem zu gestalten – für eine gesicherte Versorgung der Patientinnen und Patienten und ein starkes Wirtschaftswachstum durch bezahlbare Beiträge«.
Ein »Weiter so« dürfe es nicht mehr geben, sind sich die Innungskrankenkassen und die Sozialpartner einig und verweisen auf die prekäre Finanzlage des deutschen Gesundheitswesens, die sich noch schlechter darstellt als befürchtet: Hatte der GKV-Spitzenverband im September 2024 noch ein Jahresdefizit von bis zu 4,5 Milliarden Euro prognostiziert, habe das Bundesgesundheitsministerium im März 2025 ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro bestätigt. Die Rücklagen der Krankenkassen seien bis Ende 2024 auf 2,1 Milliarden Euro geschrumpft. Der Gesundheitsfonds verzeichnete Ende 2024 ein Minus von 3,7 Milliarden, die Liquiditätsreserve betrug im Januar 2025 nur noch 5,7 Milliarden Euro.
»Wir fordern dringend Strukturreformen, die die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sichern und eine qualitativ hochwertige Versorgung garantieren«, erklärte Hans-Jürgen Müller, Vorstandsvorsitzender des IKK. »Die anhaltenden Defizite und die steigenden Zusatzbeiträge belasten sowohl Versicherte als auch Arbeitgebende. Unsere Forderungen sind klar: Wir benötigen neue Finanzierungsgrundlagen und eine umfassende Reformpolitik, die den Herausforderungen der Zukunft gerecht wird«.
Hans Peter Wollseifer, ebenfalls Vorstandsvorsitzender des IKK, ergänzte: »Die Politik muss ein Umdenken einleiten. Der steile Anstieg der Ausgaben kann nicht weiterhin allein durch immer weiter steigende Beiträge finanziert werden. Wir fordern eine verlässliche und nachhaltige Finanzierungsbasis, die es den Versicherten ermöglicht, sich auf stabile Beitragssätze zu verlassen«, sagte er. Die 40-Prozent-Marke für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag müsse als Richtschnur gelten, um die finanzielle Belastung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Rahmen zu halten.